Bestehende Vorkaufsrechte können einen Immobilienkaufvertrag erheblich verkomplizieren. Handelst es sich um dinglich im Grundbuch gesicherte Vorkaufsrechte oder ist etwa der Mieter zum Vorkauf berechtigt, ist die Ausübungswahrscheinlichkeit nicht derart gering, dass man sie vor dem Abschluss vernachlässigen würde. Anders ist dies häufig beim gesetzlichen Vorkaufsrecht der Gemeinden nach dem BauGB (§§ 24 BauGB). Da dies beinahe obligatorisch ist, wird es von den Vertragsbeteiligten und oftmals auch von Beratern auf die leichte Schulter genommen. Umso schlimmer ist dann das Erwachen, wenn die Gemeinde dann doch einmal das Vorkaufsrecht ausübt. Dann sind insbesondere bereits Kosten für die Kaufpreisfinanzierung (und ggf. Maklergebühren) angefallen, die von der Gemeinde nicht ohne weiteres ersetzt werden. Deshalb sind Notare gehalten, über bestehende Vorkaufsrechte und die Konsequenzen bei Ausübung derselben aufzuklären (§ 20 BeurkG).
Pflicht des Verkäufers zur Aufklärung über Ausübungswillen der Gemeinde
Gerade im Hinblick auf die oftmals bestehende Arglosigkeit der Käuferseite stellt sich die Frage, inwieweit der Verkäufer verpflichtet ist, bei Kenntnis über die Ausübungsbereitschaft der Gemeinde den Käufer entsprechend aktiv über diesen Umstand aufzuklären. Dieser Thematik widmet sich eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg vom 29. Mai 2024, Aktenzeichen 13 U 64/23. Das OLG Hamburg hatte in diesem Fall darüber zu entscheiden, ob ein Verkäufer von Immobilien, der bereits Kenntnis von der Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts Dritten hatte, diese Information dem Notar und dem ursprünglichen Käufer offenbaren muss, bevor der Kaufvertrag beurkundet wird. Im vorliegenden Fall hatte der Verkäufer bereits vor der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags Kenntnis davon, dass die vorkaufsberechtigte Gemeinde ein Wertgutachten in Auftrag gegeben und um Abwarten mit dem Verkauf gebeten hatte. Diese Information wurde dem Notar und dem Käufer jedoch vorenthalten.
Notarielle Aufklärungspflicht entlastet Verkäufer nicht
Das OLG Hamburg urteilte nun, dass der Verkäufer in einem solchen Fall verpflichtet ist, seine Kenntnis über die geplante Ausübung des Vorkaufsrechts offenzulegen. Der Hinweis auf das geäußerte Interesse der Stadt sei auch nicht etwa dadurch entbehrlich geworden, dass der Notar auf das gesetzliche Vorkaufsrecht hingewiesen hatte. Der Hinweis auf die grundsätzlich immer gegebene Möglichkeit der Geltendmachung eines Vorkaufsrechtes nach BauGB, aus der der Käufer allenfalls eine recht abstrakte Gefahr für die Durchführung des Vertrages ableiten könne, stelle sich völlig anders dar, als der vorliegend geschuldete Hinweis auf eine schon erfolgte Kontaktaufnahme durch den Vorkaufsberechtigten.
Aufgrund der Verletzung dieser Aufklärungspflicht konnte der Käufer vom Verkäufer Ersatz seiner Finanzierungskosten (Nichtabnahmeentschädigung der Bank und Kosten der Grundschuldbestellung) verlangen.
Fazit
Gesetzliche Vorkaufsrechte der Gemeinde sorgen bei ihrer Ausübung regelmäßig für großen Frust und Schäden auf der Käuferseite, insbesondere wenn der Kaufpreis finanziert wird. Verkäufern von Immobilien und ihren Beratern ist daher zu raten, sämtliche Informationen in Bezug auf eine mögliche Ausübung des Vorkaufsrechts im Vorfeld dem Käufer zu offenbaren. In diesem Fall können mögliche Schäden dadurch umgegangen werden, indem man eine Finanzierung verbindlich erst nach Ausübungsverzicht der Gemeinde vereinbart.
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