In der notariellen Praxis ist es nicht selten der Fall, dass sich erst nach Beurkundung herausstellt, dass einzelne Voraussetzungen für den Eintritt der Kaufpreisfälligkeit nicht unmittelbar erfüllt werden können. Regelmäßig wird dieses Problem anhand der Pflicht zur Beschaffung der Unterlagen, welche für die Lastenfreistellung des Kaufobjekts erforderlich sind, virulent. Beispielhaft können in diesem Zusammenhang der Verlust des Grundschuldbriefes oder ein Grundbucheintrag zugunsten einer bereits gelöschten Gesellschaft genannt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die darauf folgende Frage, inwieweit der Verkäufer, der vertraglich zur lastenfreien Eigentumsverschaffung verpflichtet ist, für eine verspätete Beschaffung der Löschungsunterlagen einzustehen hat.
Beschaffung der Lastenfreistellungsunterlagen als Erfolgspflicht
Hierzu hat sich kürzlich der BGH (Urteil, v. 20.12.2024, Az. V ZR 41/23) geäußert. Am 12.8.2019 wurde ein Grundstückskaufvertrag geschlossen. Als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbarten sie u. a. die Sicherung der Lastenfreistellung. Im Grundbuch war eine Briefgrundschuld eingetragen. Die Gläubigerin konnte den Grundschuldbrief nicht mehr auffinden und leitete ein Aufgebotsverfahren zu dessen Kraftloserklärung ein. Am 15.9.2020 wurde der Ausschließungsbeschluss rechtskräftig. Die Käuferin hatte dem Verkäufer zuvor eine Frist zur „lastenfreien Auflassung“ bis 27.2.2020 gesetzt und macht nach dem Rücktritt nunmehr Schadensersatzansprüche in sechsstelliger Höhe geltend.
Zu entscheiden hatte der Senat, von welcher Qualität die Pflicht des Verkäufers zur Herbeiführung der Lastenfreistellung ist und ob der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer für ein Verschulden der abzulösenden Grundpfandrechtsgläubigerin einzustehen hat. Nach dem BGH handelt es sich bei der Pflicht des Verkäufers, für die Sicherheit der Löschung der nicht übernommenen Lasten zu sorgen, um eine Erfolgspflicht. Das bloße Bemühen um die Pflichterfüllung genüge zur Pflichterfüllung nicht.
Fälligkeitsfrist zur Vorlage der Lastenfreistellungsunterlagen
Somit ist der Verkäufer verpflichtet, die Löschungsunterlagen dem Notar auch in angemessener Frist vorzulegen. Soweit in den Grundstückskaufverträgen (wie häufig) hierzu nichts geregelt ist, sei die Fälligkeit aus den Umständen zu entnehmen und richte sich nach dem Zeitraum, der typischerweise für die Beschaffung der benötigten Unterlagen zu erwarten sei. Rechtsprechung und Literatur gingen insoweit von einem Zeitraum zwischen vier Wochen und zwei Monaten aus. Da die Pflicht zur Vorlage spätestens nach Ablauf von zwei Monaten nach Beurkundung fällig geworden war, habe der Verkäufer durch die verspätete Vorlage des Ausschließungsbeschlusses die vertragliche Pflicht verletzt.
Kein Verschulden des Verkäufers
Den Verkäufer rettet jedoch, dass der BGH weiter entscheidet, dass es an einem Verschulden des Verkäufers fehle. Er habe die Verzögerung der Leistung nicht zu vertreten. Eigenes Verschulden des Verkäufers verneint der BGH deswegen, weil der Verkäufer den Notar in dem Kaufvertrag mit der Lastenfreistellung beauftragt und damit die Beschaffung der Unterlagen unmittelbar bei Vertragsschluss eingeleitet habe. Für das Verschulden der Grundschuldgläubigerin habe der Verkäufer nicht einzustehen. Die Voraussetzungen des § 278 BGB lägen nicht vor, die Grundpfandrechtsgläubigerin sei nicht Erfüllungsgehilfin des Verkäufers.
Fazit
Das Urteil des BGH schreibt dem Notar ins Stammbuch, dass er bereits im Vorfeld der Beurkundung den Verkäufer für die Problematik sensibilisieren sollte. Ist im Grundbuch eine Briefgrundschuld eingetragen ist es angezeigt bereits im Vorfeld die Verfügbarkeit des Grundschuldbriefes zu überprüfen. Die Praxiserfahrung lehrt, dass Verkäufer sich nicht immer durch Verschulden Dritter werden exkulpieren können.
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