klühs notar

Eidesstattlichen Versicherung durch einen Vorsorgebevollmächtigten im Erbscheinsverfahren

Bereits in einem vorangegangenen Newsblog Beitrag wurde die Wichtigkeit einer notariellen, transmortalen Vorsorgevollmacht bei der Veräußerung von Nachlassimmobilien ohne die Vorlage eines Erbscheins hervorgehoben. Ist der Erbe selbst geschäftsunfähig und wird ein Erbschein benötigt, so kann die notarielle Vorsorgevollmacht nach neuerer Rechtsprechung ebenfalls weiterhelfen.

Kein Erbschein ohne eidesstattliche Versicherung

Damit ein Erbschein erteilt werden kann, hat der Antragsteller die für die Erteilung notwendigen Angaben dem Gericht gegenüber an Eides statt zu versichern § 352 Abs. 3 Satz 3 FamfG). Da sowohl die vorsätzlich, als auch die fahrlässig falsch abgegebene Versicherung strafbar ist, muss die eidesstattlichen Versicherung höchstpersönlich abgegeben werden. Lange Zeit war daher anerkannt, dass bei einem gesetzlichen Betreuer dem Betreuten die eidesstattliche Versicherung erlassen (§ 352 Abs. 3 Satz 4 FamfG) und diese stattdessen durch einen Betreuer als gesetzlichen Vertreter im eigenen Namen abgegeben werden kann. Eine eidesstattliche Versicherung durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter im Namen des Vollmachtgebers sei jedoch nicht möglich.

Vorsorgebevollmächtigter steht gesetzlichem Betreuer gleich

Das moderne Betreuungsrecht geht jedoch prinzipiell vom Grundsatz der Nachrangigkeit der Betreuung gegenüber der Vorsorgevollmacht aus. So wird für einen geschäftsunfähigen Volljährigen kein Betreuer bestellt, soweit dessen Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Vor diesem Hintergrund wurde in den letzten Jahren verstärkt die Meinung vertreten, bei entsprechender Sachverhaltskenntnis des Vorsorgebevollmächtigten könne dieser im Erbscheinsverfahren dem Betreuer gleichgestellt werden. Hierfür spricht nicht zuletzt auch § 51 Abs. 3 ZPO, der für den Zivilprozess den Vorsorgebevollmächtigten auf eine Stufe mit dem gesetzlichen Betreuer stellt.

Einheitliche Rechtsprechung bei den Oberlandesgerichten

Nachdem in dem Jahren 2018 zunächst das OLG Celle (Beschluss vom 20.6.2018 – 6 W 78/18) und das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 17.04.2018 – 25 Wx 68/17) auf diese Linie eingeschwenkt waren hat kürzlich nun auch das OLG Bremen (Beschluss vom 14.9.2021 – 5 W 27/21) die eidesstattliche Versicherung eines Vorsorgebevollmächtigten im Erbscheinsverfahren akzeptiert. Somit kann für die Praxis nun von einer gefestigten Rechtsprechung ausgegangen werden.

Fazit

Der Anwendungsbereich für Vorsorgevollmachten wird aufgrund des gesetzlichen Nachranggrundsatzes immer weiter ausgedehnt. Dies unterstreicht die Wichtigkeit dieses Instruments. Personen mit eigenem Immobilienbesitz, aber auch diejenigen, die zukünftig Immobilien erben könnten, kann daher die Errichtung einer notariellen Vorsorgevollmacht nur wärmstens empfohlen werden.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

10 Jun, 2022

Weitere Themen

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr

Immobilienrecht
Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Ein berechtigtes Interesse zur Einsichtnahme in das Grundbuch kann sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben, sodass jeder Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen ist. Nicht ausreichend sind jedenfalls wirtschaftliche Interessen an einem Grundstück, wenn noch kein Kontakt zu dem Eigentümer besteht und die Grundbucheinsicht nur der Ausforschung der Eigentumsverhältnisse dient.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Volljährigenadoption ist, dass die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Das Familiengericht kann am Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Annehmenden und dem volljährigen Anzunehmenden zweifeln, wenn der Anzunehmende eine intakte Beziehung zu seinen eigenen leiblichen Eltern bzw. zu seiner eigenen Familie unterhält.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Wirksames Testament bei Errichtung auf einem Notizzettel einer Brauerei

Wirksames Testament bei Errichtung auf einem Notizzettel einer Brauerei

Bei untypischen Testamentsformen sind grundsätzlich an den Nachweis des Testierwillens strengere Anforderungen zu stellen. Das OLG Oldenburg hat ein Testament, das auf einem Notizzettel einer Brauerei, auf dem in der Regel gastronomische Bestellungen notiert werden, errichtet worden war, gleichwohl für wirksam erachtet.

Mehr

Steuerrecht
BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

Ausgenommen von einer Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Der BFH schränkt nun mit zwei praxisrelevanten Urteilen den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des  § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ein.

Mehr