In der notariellen Praxis kommt der Immobiliennießbrauch in der Regel in der Form des Vorbehaltsnießbrauchs zur Geltung, wenn Eltern eine Immobilie auf die Kinder übertragen, sich aber die Nutzungen an derselben bis zum Lebensende sichern möchten. Seltener ist der umgekehrte Fall, in dem die Eltern Eigentümer bleiben, den Kindern jedoch das Nutzungsrecht an der Immobilie und damit bei einer Fremdnutzung die Mieteinnahmen zuwenden. Diese Gestaltung kann insbesondere deshalb sinnvoll sein, da die Eltern auf diese Weise ihrer gegenüber den Kindern ohnehin bestehenden Barunterhaltspflicht nachkommen können und andererseits Steuerfreibeträge der Kinder und das steuerliche Progressionsgefälle zu den Eltern ausgenutzt werden kann.
Zuwendungsnießbrauch an vermieteter Immobilie Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten?
Der BFH (Urt. v. 20.6.2023 – IX R 8/22) hat nun in Abweichung von der Vorinstanz eine derartige Gestaltung unter der Bedingung anerkannt, dass den Kindern ein wirksames (zumindest schuldrechtliches) Nutzungsrecht eingeräumt werde und die Nutzungsberechtigten im Außenverhältnis als Vermieter in Erscheinung treten. Außerdem muss die Immobilie fremdvermietet sein. Ein Zuwendungsnießbrauch zwischen nahen Angehörigen ist dann steuerlich nicht anzuerkennen, wenn er an einem Grundstück begründet wird, welches der Zuwendende selbst benötigt und er es deshalb zurückmietet. Vorliegend war die Immobilie an eine GmbH vermietet, die von den Eltern als Übergeber beherrscht war. Dieser Umstand reichte dem BFH jedoch nicht aus, um dem Mietvertrag der Kinder unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs die steuerliche Anerkennung zu verweigern.
Zuwendung der Einkunftsquelle statt Barunterhalt steuerlich beachtlich
Wenn sich aus der Übertragung der Nutzungsmöglichkeit bei einer Gesamtbetrachtung von Eltern und Kindern ein steuerlicher Vorteil ergebe, so sei dies die Folge des steuerlich anzuerkennenden Sachverhalts und insofern gesetzlich „vorgesehen“. Es sei auch unschädlich, wenn die Übertragung der Erträge aus dem Vermietungsobjekt zugleich der Erfüllung einer Unterhaltspflicht diene. Die Entscheidung der Eltern, ob sie ihren Kindern Barunterhalt leisten oder ihnen (vorübergehend) eine Einkunftsquelle zuwendeten, wird vom Gericht ausdrücklich anerkannt.
Fazit
Die zeitlich befristete Einräumung eines Zuwendungsnießbrauchs an einer fremdvermieteten Immobilie zu Gunsten der eigenen Kinder zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung kann für gutverdienende Familien ein interessantes Modell darstellen. Das gilt insbesondere dann, wenn keine oder lediglich geringe Abschreibungspotentiale mehr vorhanden sind. Bei minderjährigen Kindern ist zu beachten, dass die Position des Nießbrauchers, insbesondere der Übergang des Mietverhältnisses auch Pflichten begründet, sodass nicht lediglich ein Vorteil erlangt wird. Somit ist die Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers obligatorisch (§ 1809 BGB).
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