Bei der Testamentsberatung wird den Notaren in letzter Zeit verstärkt der Wunsch geäußert, die Abwicklung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu überlassen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen wird in Zeiten von Patchwork-Familien der Erbenkreis immer heterogener, auf der anderen Seite ist die Abwicklung der Nachlässe gerade bei vermögenden Erblassern mit verschiedenen Beteiligungen und Immobilien durchaus anspruchsvoll. Gerade wenn man im Kreis der Erben aufgrund fehlender Kompetenz oder Ortsnähe keine geeignete Person ausfindig gemacht hat, werden Alternativen gesucht. Das Bestellung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht einem Glückspiel gleicht, erscheint es der perfekte Ausweg, wenn sich die eigene Hausbank, welche sich aufgrund der privaten Vermögensverwaltung ohnehin mit den Vermögensverhältnissen bestens auskennt, als Testamentsvollstreckerin anbietet.
Verfügungsbeschränkung des Prokuristen bei Fremdgrundstücken?
Vor diesem Hintergrund wurden in den vergangenen Jahren in etliche letztwilligen Verfügungen als Aktiengesellschaften organisierte Geschäftsbanken zu Testamentsvollstreckern ernannt. Da die jeweiligen Bankenvorstände die einzelnen Vollstreckungsakte nicht persönlich ausführen, wird hierfür in der Regel auf Prokuristen zurückgegriffen. Für diese Prokuristen ist dabei aber keine Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken in das Handelsregister eingetragen worden (vgl. § 49 Abs. 2 HGB). Verfügt nun ein Prokurist über nachlasszugehörigen Grundbesitz bzw. über Rechte an einem Grundbesitz, so stellt sich die Frage, ob die fehlende Ermächtigung des Prokuristen sich auch bei der Verfügung über „fremden“, nicht der Kapitalgesellschaft gehörenden Grundbesitz, auswirkt.
Bislang herrschende Auffassung wird obergerichtlich in Frage gestellt
Die bislang herrschende Auffassung in der Literatur, die auch vom OLG Hamm geteilt wurde, wollte die Beschränkungen der Handlungsbefugnisse der Prokuristen aus § 49 Abs. 2 HGB nicht auf Veräußerungen vom Fremdgrundbesitz erstrecken. Begründet wurde dies mit dem Zweck der Vorschrift, den Kaufmann vor dem Verlust des eigenen Grundbesitzes zu schützen. Dem sind nun mit dem OLG Köln (Beschl. v. 09.12.2019, Az. I-2 Wx 346/19) und dem Kammergericht (Beschl. v. 05.07.2021, Az. 1 W 26/21) zwei Obergericht entgegengetreten. Der Schutzgedanke greife im Hinblick auf die große wirtschaftliche Bedeutung von Grundstücksgeschäften und wegen des damit verbundenen Haftungsrisikos für den Kaufmann unabhängig davon ein, ob die Grundstücke in dessen Eigentum stünden, oder nicht.
Fazit
Da vom Kammergericht die Rechtsbeschwerde zugelassen wurde, kann ggf. demnächst mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dieser Angelegenheit gerechnet werden. Bis dahin verbleibt für Testamentsvollstreckungen der Banken eine Rechtsunsicherheit. Aufgrund dessen sollte von Seiten der Banken eine auf die Testamentsvollstreckung begrenzte Ermächtigung der betrauten Prokuristen für Grundstücksveräußerungen erteilt und in das Handelsregister eingetragen werden.
Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.