In Zeiten von knappem Wohnraum in Ballungsgebieten wird für betroffene Mieter, deren Wohnung in Wohnungseigentum umgewandelt und anschließend veräußert wurde, die Ausübung des gesetzlichen Mieterverkaufsrechts zunehmend interessanter. Dem Mieter kommt dabei generell zugute, dass der Vermieter am Markt für vermietete Objekte in der Regel einen niedrigeren Kaufpreis erzielt, als für unvermieteten Wohnraum. Er kann seine Wohnung aufgrund des bestehenden Mietverhältnisses mit einem Preisabschlag erwerben und hat anschließend die Möglichkeit, die Wohnung ohne mietvertragliche Bindungen zu einem höheren Preis zu veräußern.
Vermieter versuchen höheren Marktpreis über differenzierte Preisabrede zu vereinnahmen
Vereinzelt versuchen daher Verkäufer, den höheren Marktpreis für unvermieteten Wohnraum für sich zu vereinnahmen. Dabei werden im Kaufvertrag sog. differenzierte Preisabreden vorgesehen. Ob diese Form der Vertragsgestaltung zulässig ist hatte nun in einem hierfür exemplarischen Fall der BGH zu entscheiden (Urteil vom 23.02.2022, BGH Az. VIII ZR 305/20). Im Kaufvertrag war vereinbart, dass die vermietete Wohnung „ohne Mietverhältnis mit einem Dritten“ zu einem Kaufpreis von 163.266,67 EUR veräußert wird. Dieser Kaufpreis sollte um 10 % vermindert werden, wenn das Wohnungseigentum entgegen vorstehender Beschreibung mit dem laufenden oder einem anderen Mietverhältnis an den Käufer geliefert wird. Nach Ausübung des Mietervorkaufsrechts zahlte der Mieter zunächst den höheren Kaufpreis, um das Eigentum zu erhalten. Anschließend verklagte er den Verkäufer auf Rückzahlung der 10 %igen Kaufpreisreduktion.
BGH gibt dem Mieter Recht
Vor der Entscheidung des BGH waren zur Zulässigkeit derartigen Klauseln unterschiedliche Meinungen in Literatur und Rechtsprechung vertreten worden. Nunmehr gaben zuerst das Kammergericht Berlin und schließlich auch der BGH dem Mieter recht. Die im Kaufvertrag vorgesehene differenzierte Preisabrede, wonach der Vorkaufsberechtigte (Mieter) einen höheren Preis zu bezahlen habe als der Erstkäufer, stelle eine in Bezug auf den höheren Preis unzulässige und deshalb insoweit unwirksame Vereinbarung zu Lasten Dritter dar. Die auf das Mietervorkaufsrecht entsprechend anwendbare Regelung in § 464 Abs. 2 BGB solle gewährleisten, dass den Vorkaufsberechtigten nach dem Inhalt seines Kaufvertrags keine anderen, insbesondere keine ungünstigeren Bedingungen treffen als diejenigen, die für den Erstkäufer aufgrund seines Kaufvertrags mit dem Verkäufer gelten. Wenn daraus in der Konstellation des Mietervorkaufsrecht ein wirtschaftlicher Vorteil resultiere, der sich für den vorkaufsberechtigten Mieter daraus ergeben kann, dass er die Wohnung zu einem Preis erwirbt, der unter Berücksichtigung des – aus Sicht des Erstkäufers nachteilhaften – Umstands der Vermietung an einen Dritten gebildet wurde, dann stehe ein solcher nach der gesetzgeberischen Wertung dem Mieter zu.
Fazit
Das Thema Mietervorkaufsrecht und seine „Umgehung“ bleibt auch nach der Entscheidung des BGH hoch aktuell. Betroffenen Verkäufern ist zu raten, frühzeitig im Verkaufsprozess eine notarielle Beratung über die zulässigen vertraglichen Möglichkeiten anzustreben.
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