Nach § 11 Abs. 1 BeurkG soll ein Notar die Beurkundung ablehnen, wenn einem Beteiligten nach Überzeugung des Notars die erforderliche Geschäftsfähigkeit fehlt. Bei Zweifeln sind diese in der Urkunde festzuhalten. Ist ein Beteiligter schwer krank, so soll dies in der Niederschrift vermerkt und angegeben werden, welche Feststellungen der Notar über die Geschäftsfähigkeit getroffen hat (§ 11 Abs. 2 BeurkG). § 28 BeurkG erweitert diese Pflicht bei einer Beurkundung von Testamenten dahingehend, dass der Notar in jedem Fall seine Feststellungen zur Geschäftsfähigkeit des Erblassers in der Niederschrift vermerken soll.
Grundsatz der Geschäfts- und Testierfähigkeit
Zwar darf ein Notar bei der Beurkundung von Erklärungen eines Volljährigen im Grundsatz zwar davon ausgehen, dass der Beteiligte geschäftsfähig ist. Zu weiteren Nachforschungen ist der Notar allerdings verpflichtet, wenn er aufgrund des Verhaltens des Beteiligten oder wegen sonstiger Umstände Zweifel an dessen Geschäftsfähigkeit haben muss. Insbesondere bei alten oder schwer kranken Personen hat sich der Notar deshalb zumindest durch eine eingehende Unterhaltung mit dem Erblasser von dessen Testierfähigkeit zu überzeugen. Da der Notar in der Regel nicht über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse verfügt, wird er in Zweifelsfällen die Beiziehung eines Arztes oder einer anderen kompetenten Person empfehlen.
Betreuung nicht gleichbedeutend mit fehlender Testierfähigkeit
Unzulässig ist es jedoch wiederum, einer unter Betreuung stehenden Person automatisch, ohne weitere Prüfung die Testierfähigkeit abzusprechen. Hierzu hat jüngst das OLG Rostock (Beschl. vom 11.4.2023 – 3 W 74/21) festgestellt, dass auch zugunsten von unter Betreuung stehenden Personen deren Testierfähigkeit von Gesetzes wegen vermutet wird. Der Erblasser hatte drei gleichlautende Testamente verfasst, mit denen er unter anderem eine Alleinerbin einsetzte. Nach seinem Tod beantragten seine gesetzlichen Erben einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Der Erblasser war durch eine frühkindliche Hirnschädigung intelligenzgemindert, wodurch eine Betreuung notwendig wurde. Der Senat verneinte jede generalisierende Betrachtung der Testierfähigkeit aufgrund der Betreuung. Vielmehr zeigten sich die Richter auf Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten davon überzeugt, dass auch die vorhandene Intelligenzminderung nichts an der Fähigkeit des Erblassers geändert habe, seinen Willen frei und unbeeinflusst zu artikulieren.
Fazit
Notaren sollte die Entscheidung in Erinnerung rufen, dass unter Betreuung stehende Personen nicht automatisch geschäfts- und testierunfähig sein müssen. Oftmals können daher Verträge ohne Beteiligung des Betreuers und des Betreuungsgerichts beurkundet und Testamente wirksam errichtet werden. Gleichwohl empfiehlt sich in derartigen Fällen im Vorfeld immer die Rücksprache mit dem Betreuer und ggf. die Einholung eines Sachverständigen Attests oder Gutachtens.
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