Ein Dauerbrenner in der notariellen Praxis ist die Frage, ob Geschäftsführer einer GmbH trotz ihrer Organstellung im sozialversicherungsrechtlichen Kontext in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft stehen und somit der Sozialversicherungsbeitragspflicht unterfallen. Während der GmbH-Geschäftsführer im Arbeitsrecht aufgrund spezialgesetzlicher Anordnung (vgl. nur § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG) allein auf Grund seiner Organstellung vom Arbeitnehmer-Status ausgeschlossen ist, hängt die Qualifikation im Sozialversicherungsrecht maßgeblich von der Beteiligungshöhe ab. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können.
Keine Versicherungspflicht für den Mehrheitsgesellschafter
Ist ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von mindestens 50 % gleichzeitig auch Geschäftsführer der Gesellschaft, so unterliegt er aufgrund seiner Beteiligungshöhe – abgesehen von Sonderstimmrechten oder anderen Ausnahmekonstellationen – keinen Weisungen der übrigen Gesellschafter und kann damit seine Tätigkeit frei gestalten. Deshalb geht das Bundessozialgericht (BSG) und die herrschende Meinung in dieser Konstellation einhellig von einer Sozialversicherungsfreiheit aus.
Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Minderheitsbeteiligung
Problematischer ist die Situation bei Geschäftsführern, die eine Beteiligung am Stammkapital von unter 50% halten. Diese sind nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist nur dann ausnahmsweise als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist.
BSG bekräftigt aktuell seine restriktive Rechtsprechung
Diese Grundsätze hat das BSG in seinem aktuellen Urteil vom 01.02.2022 (Az. B 12 KR 37/19 R) bekräftigt. Der Kläger war mit einem Kapitalanteil von 49 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt und ihr einziger Geschäftsführer. Im Gesellschaftsvertrag war eine qualifizierte Stimmenmehrheit nur für bestimmte Beschlussgegenstände vorgesehen. Darüber hinaus bestand zugunsten des Klägers das Sonderrecht, für die Dauer seiner Beteiligung einzelvertretungsberechtigter, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer zu sein oder einen solchen zu benennen.
Das Gericht stellte fest, dass es für die erforderliche Sperrminorität nicht ausreiche, wenn eine solche nur für bestimmte, im Einzelnen im Gesellschaftsvertrag aufgeführte Angelegenheiten bestehe, auch wenn diese (fast) die gesamte Unternehmenstätigkeit ausmachen sollten. Daran ändere im vorliegenden Fall auch das Sonderrecht des Klägers nicht. Auch wenn er Kraft dessen Weisungen schlicht ignorieren könne, ohne Sanktionen zu befürchten, führe dies ebenfalls nicht zu einer Rechtsmacht, die es ihm ermöglichen würde, wie ein Selbstständiger im eigenen Unternehmen zu handeln.
Fazit
Das BSG bleibt mit der vorliegenden Entscheidung bei seiner restriktiven Rechtsprechung in Bezug auf die Sozialversicherungsfreiheit des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Die einzig rechtssichere Alternative ist die Vereinbarung einer umfassenden, alle Gesellschafterbeschlüsse umfassende Sperrminorität für den jeweils betroffenen Geschäftsführer.
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