Mit Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 kann Sondereigentum auch an Freiflächen begründet werden, § 3 Abs. 2 WEG. Zuvor galt das strenge Abgeschlossenheitserfordernis, das verhinderte, dass Terrassen, Gartenflächen oder Außenstellplätze zu Sondereigentum erklärt werden konnten. Die Praxis behalf sich mit der Begründung von Sondernutzungsrechten, bei denen sich allerdings teilweise komplexe Rechtsprobleme stellten. Nunmehr ermöglicht der Reformgesetzgeber die Erstreckung eines Sondereigentums auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks, solange die Wohnung oder das Teileigentum die Hauptsache bleibt (sog. Annexeigentum).
Rechtsproblem der Hauptsacheeigenschaft
Mit der Eigenschaft des Sondereigentums als Hauptsache wollte der Gesetzgeber verhindern, dass wirtschaftliche unbedeutende Einheiten (z.B. Garage) mit umfangreichen und werthaltigen Freiflächen (Garten, Stellplätze) verbunden werden. Zu den genauen Kriterien, wann ein Raumeigentum wirtschaftlich die Hauptsache bleibt und inwieweit das Grundbuchamt diese Voraussetzung zu überprüfen hat, gab es bislang noch keine Rechtsprechung.
Entscheidung des OLG Rostock
Nunmehr hat soweit ersichtlich das OLG Rostock als erstes Obergericht zu diesem Themenkomplex Stellung genommen (Beschl. v. 24.10.2022 – 3 W 82/22). Das Grundbuchamt hatte gegen die Eintragung einer Gartenfläche als Sondereigentum einer Wohneinheit einen Amtswiderspruch eingetragen. Das OLG gab der Beschwerde des Eigentümers statt: Die Hauptsacheeigenschaft der Wohnung bzw. der Räume werde grundsätzlich vermutet, insbesondere bei – wie hier – Verbindung einer Wohnung mit einem Garten. Eine Prüfung durch das Grundbuchamt habe nur bei konkreten anderweitigen Anhaltspunkten zu erfolgen.
Fazit
Das OLG Rostock bestätigt die herrschende Auffassung, dass das Grundbuchamt im Regelfall allein aufgrund etwaiger Vermutungen die Anlegung des Annexeigentums nicht ablehnen darf. Maßgebend für die Beurteilung der Hauptsacheeigenschaft muss dabei immer der Zeitpunkt der Begründung des Sondereigentums sein. Eine zukünftige Wertentwicklung einer Fläche (etwa im Fall ihrer Bebaubarkeit) müssen außer Betracht bleiben.
Offen bleibt dagegen die Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 WEG. Die herrschende Literatur geht dabei von einer unwirksamen Begründung von Annexeigentum aus, wenn das Raumeigentum im Einzelfall doch nicht die Hauptsache darstellen sollte. Vor diesem Hintergrund verbleibt in Zweifelsfällen eine Rechtsunsicherheit, sodass hier auf die Bildung von Sondernutzungsrechten zurückgegriffen werden sollte.
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