Insbesondere aufgrund der Privilegierung eigener Kinder im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungsteuer kommt der Notar anlässlich einer erbrechtlichen Beratung nicht selten auf die Möglichkeit zu sprechen, die als Erben vorgesehene volljährige Person aus dem Familien- oder Freundeskreis durch den Erblasser als Kind anzunehmen. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Volljährigenadoption ist, dass die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Jedenfalls muss bei objektiver Betrachtung der bestehenden Bindungen zwischen den Beteiligten und den diesbezüglichen Entwicklungsmöglichkeiten jedenfalls für die Zukunft das Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung zu erwarten sein.
Anforderung an ein Eltern-Kind-Verhältnis
Die Rechtsprechung setzt hierfür seit jeher voraus, dass sich die Freundschaft und die innere Verbundenheit im Sinne einer seelisch-geistigen Bindung zwischen Angehörigen verschiedener Generationen in einem Maße verdichtet hat, dass von einer Eltern-Kind ähnlichen Beziehung gesprochen werden kann, die es dann auch rechtfertigt, dass sie durch den Ausspruch der Annahme zu einer rechtlich bindenden Wahlverwandtschaft verfestigt wird. Kann danach eine Eltern-Kind Beziehung festgestellt werden, dann schadet der Annahme der sittlichen Rechtfertigung auch nicht, wenn daneben auch noch andere, nicht familienbezogene, vor allem wirtschaftliche und steuerliche Zwecke verfolgt werden.
Intakte Beziehung zu den leiblichen Eltern als Negativindiz
Das Kammergericht hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschl. vom 10.1.2024, Az. 16 UF 98/23) nunmehr ausgeführt, dass das Familiengericht am Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Annehmenden und der volljährigen Anzunehmenden zweifeln dürfe, wenn die Anzunehmende eine intakte Beziehung zu ihren eigenen leiblichen Eltern bzw. zu ihrer eigenen Familie unterhält. Es entspreche grundsätzlich keiner Lebenserfahrung, dass derjenige, der auf der Grundlage seiner in der Kindheit erfahrenen sozialen Prägung weiterhin durch ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis mit seinen leiblichen Eltern verbunden sei, eine Beziehung von vergleichbarer Qualität zu entfernteren Verwandten oder gar zu familienfremden Personen aufzubauen vermag. Darüber hinaus war für das Gericht maßgeblich, dass die Beteiligten weder „unter einem Dach“ gewohnt, noch gemeinsame Urlaube verbracht hatten. Ein „Familienleben“, in das auch die jeweils weiteren Angehörigen der Beteiligten einbezogen wären, sei nicht ersichtlich.
Dagegen hat das OLG Karlsruhe im vergangene Jahr entschieden (Beschl. v. 20.7.2023, Az. 18 UF 72/23), dass auch trotz intakter Beziehung zu seinen leiblichen Eltern ausnahmsweise ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden entstanden sein kann. Im zu entscheidenden Fall hatte der Anzunehmenden seit seiner Jugend auf dem Hof des ledigen Onkels regelmäßig mitgeholfen und dort zeitweise gewohnt.
Fazit
Ist eine Volljährigenadoption beabsichtigt, sollte viel Sorgfalt auf die Darlegung der Eltern-Kind Beziehung verwandt werden, da die Gerichte diesen unbestimmten Rechtsbegriff eigenständig auslegen und mit den tatsächlichen Gegebenheiten bei den Antragstellern abgleichen. Der Notar berät fachkundig bei der Formulierung Ihres Anliegens
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