Bereits bei Begründung einer Ehe beschäftigen sich gerade vermögende Ehegatten nicht selten mit den möglichen Folgen einer möglichen Scheidung. In einem vorsorgenden Ehevertrag werden dann regelmäßig Güterstandsregelungen, wie die Vereinbarung von Gütertrennung bzw. modifizierter Zugewinngemeinschaft, Begrenzungen des nachehelichen Unterhalts und/oder der Verzicht auf die Durchführung des gesetzlichen Versorgungsausgleichs vereinbart.
Um bestehenden Disparitäten zwischen den Ehegatten Rechnung zu tragen bzw. um (Teil)Verzichte auf Ansprüche aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zu rechtfertigen (ansonsten besteht die Gefahr der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung), werden in derartigen Eheverträgen häufig Abfindungszahlungen zugunsten desjenigen Ehegatten vorgesehen, der maßgeblich auf seine gesetzlichen Scheidungsfolgenrechte verzichtet. Überschreiten diese Abfindungszahlungen bei vermögenden Ehegatten den gesetzlichen Schenkungsfreibetrag von 500.000 €, dann stellt sich die Frage, ob die erfolgte Zahlung eine freigiebige Zuwendung darstellt (§ 7 Abs. 1 ErbStG).
Pauschalabfindung für künftigen Zugewinnausgleichsanspruch ist freigebige Zuwendung
Dies wurde von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bei einer sog. „Pauschalabfindung“ unter Preisgabe eines (möglicherweise) künftig entstehenden Zugewinnausgleichanspruchs vor Eingehung der Ehe regelmäßig bejaht. Eine etwaige Zugewinnausgleichsforderung entstehe erst, wenn die Zugewinngemeinschaft ende (§§ 1363 Abs. 2 S. 2, 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Vorher könne die Zugewinnausgleichsforderung in der Person des Zuwendungsempfängers entweder überhaupt nicht oder nicht in der im Zeitpunkt der Zuwendung erwarteten Höhe entstehen. Somit stehe der Abfindungszahlung als nicht zu bewertende Gegenleistung i.S.v. § 7 Abs. 3 ErbStG weder die Befriedigung eines (außervertraglichen) Forderungsrechts des Preisgebenden noch dessen Verzicht gegenüber (BFH in BFHE 218, 409).
BFH: Andere Beurteilung bei sog. „Bedarfsabfindung“
Etwas anderes gilt nach einem aktuellen Urteil des BFH (Urt. v. 01.09.2021, Az. II R 40/19) jedoch dann, wenn die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung – abweichend von den gesetzlichen Leitbildern – umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe – z.B. durch Scheidung – Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind („Bedarfsabfindung“). Dieser Beurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Ehe wurde im Jahr 1998 geschlossen Nach dem im selben Jahr beurkundeten Ehevertrag sollte die Ehefrau im Scheidungszeitpunkt eine Zahlung in Höhe von 2 Millionen D-Mark erhalten, wenn die Ehe mindestens 15 Jahre lang hielt, anderenfalls sollte der Betrag anteilig gekürzt werden. Außerdem vereinbarten die Eheleute Gütertrennung, eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sowie den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht. Nach der Ehescheidung im Jahr 2014 und erfolgter Zahlung der vertraglich vereinbarten Summe setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest.
Argumentation des BFH
Nach den Bundesrichtern könne das vertragliche Gesamtpaket aller Scheidungsfolgen nicht in Einzelleistungen aufgeteilt und diese dann der Schenkungsbesteuerung unterworfen werden. Damit würde der Umstand verkannt, dass ein solcher Vertrag einen umfassenden Ausgleich aller Interessengegensätze anstrebe und insofern keine der Einzelleistungen ohne Gegenleistung sei. Werde die Ehe dann tatsächlich durch Ehescheidung beendet, erfolge die Zahlung des vorab vereinbarten Betrages in Erfüllung dieser Vereinbarung. Zum Zeitpunkt der Zahlung (nach Ehescheidung) seien die gegenseitigen Ansprüche auch grundsätzlich bewertbar, sodass § 7 Abs. 3 ErbStG nicht eingreife
Fazit
Bei der Gestaltung von Eheverträgen werden Notar im Lichte dieser Entscheidung zukünftig darauf zu achten haben, Abfindungsleistungen eines Ehegatten für (Teil)Verzichte des anderen jedenfalls dann als Bedarfsabfindung auszugestalten, wenn hohe Summen vereinbart werden. Für die Annahme einer „Bedarfsabfindung“ wird dabei sprechen, wenn die Zahlung für das Ende der Ehe vereinbart ist und sich die Höhe der Zahlung beispielsweise an der Anzahl der Ehejahre orientiert.
Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.