Im Rahmen dieses Blogs haben wir bereits an anderer Stelle im Zusammenhang mit sog. Raten- oder Rentenkaufverträgen auf die Problematik verwiesen, die sich ergibt, wenn für Privatdarlehen oder Anspruchsstundungen keine oder lediglich marktunüblich geringe Zinsen vereinbart werden. Regelmäßig ergeben sich derartige Konstellationen in familiären oder freundschaftlichen Beziehungen, in denen der Darlehensgeber sich nicht zu Lasten des Darlehensnehmer „bereichern“ möchte und vor diesem Hintergrund am liebsten auf eine Zinsvereinbarung verzichten würde.
Schenkungsteuerliches Risiko wird häufig übersehen
Bei einem Zinsverzicht oder der Vereinbarung eines lediglich symbolischen Zinses besteht jedoch das Risiko einer schenkungsteuerlichen Erfassung. Die Finanzverwaltung und ihr folgend die untergerichtliche Rechtsprechung sieht in der zinslosen Gewährung eines Darlehens bzw. in der Einräumung eines (zu) niedrig verzinslichen Darlehens eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 ErbStG. Bereits in einer Entscheidung v. 29.9.2020 (Az. 7 K 2593/19) war das FG Köln in derartigen Fällen für die Ermittlung des Jahreswertes der Kapitalnutzung von einem Zinssatz in Höhe von 5,5 % ausgegangen und auf dieser Basis Schenkungsteuer festgesetzt.
FG Mecklenburg-Vorpommern bestätigt restriktive Linie
Auch das FG Mecklenburg-Vorpommern hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 27.04.2022 – 3 K 273/20) diese Rechtsprechungslinie bestätigt. In dem zu entscheidenden Fall wurde dem Kläger von seiner Schwester, vertreten durch einen Ergänzungspfleger, im Jahr 2016 ein Privatdarlehen von insgesamt 1.875.768,05 EUR gewährt, für das rückwirkend Zinsen in Höhe von 1 % p. a. zu zahlen waren und das durch entsprechende Grundschulden an Grundbesitz des Klägers gesichert war. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer in Höhe von 229.500 € fest.
Das erkennende Gericht stellte zunächst fest, dass gemessen an den Statistiken der Deutschen Bundesbank am freien Markt ein effektiver Zinssatz von 2,81 % zu zahlen gewesen wäre. Der vereinbarte Zinssatz von 1 % stelle daher eine freigiebige Zuwendung dar. Aufgrund der eklatanten Abweichung des vereinbarten von dem marktüblichen Zinssatz, ging das Gericht davon aus, dass auch der Ergänzungspfleger die Teilunentgeltlichkeit der Leistung kennen musste. Das Ausmaß der Bereicherung des Kläger sei mit der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz i. H. v. 1 % und dem Zinssatz gemäß § 15 Abs. 1 BewG i. H. v. 5,5 %, also 4,5 % zu berechnen. § 15 Abs. 1 BewG lasse zwar einen anderen Wertansatz zu, wenn dieser „feststehe“; dies sei hier aber nicht der Fall.
Fazit
Die vordergründig noble Gesinnung, in persönlichen Nähebeziehungen Zinsen überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang zu vereinbaren, führt derzeit in immer mehr Fällen zu schenkungsteuerlichen Verwerfungen. Insbesondere durch die Annahme eines Zinssatzes von 5,5 % folgte in der Vergangenheit eine erhebliche Schlechterstellung des Steuerpflichtigen. Aber auch in einem steigenden Zinsumfeld sollte zur Meidung steuerlichen Konsequenzen ein annähern marktgerechter Zinssatz vereinbart werden. Im Vorfeld derartiger Transaktionen ist daher immer ein Steuerberater hinzuzuziehen.
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