Die Immobilienpreise insbesondere in deutschen Großstädten kennen derzeit nur eine Richtung. Selbst einfache Einfamilienhäuser erreichen mittlerweile Werte, die im Erbfall auch nächste Angehörige vor die Aufgabe stellen, den nach Abzug der gesetzlichen Steuerfreibeträge verbleibenden Restwert der Erbschaft zu versteuern.
Privilegierung des Familienheims bei der Erbschaftsteuer
Um Kindern im Erbfall die Fortnutzung des Familienheims nach dem Tode des Erblassers zu ermöglichen, ohne durch eine etwaige Steuerbelastung zu einem Verkauf der Immobile gezwungen zu sein, hat der Gesetzgeber bereits zum 01.01.2009 den § 13 Abs. 4c ErbStG eingeführt. Danach ist die Erbschaft einer in Deutschland oder einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Immobilie durch Kinder und der Kinder verstorbener Kinder steuerfrei, soweit
- der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war,
- die Immobilie durch den Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt wird und
- die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteigt.
Die Steuerbefreiung fällt allerdings mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb die Wohnnutzung des Familienheims aufgibt und hierfür keine zwingenden Gründen vorliegen.
Wann ist die Selbstnutzung durch den Erben „unverzüglich“?
Das FG Düsseldorf hat nun in einer aktuellen Entscheidung (Urt. 10.03.2021, Az. 4 K 2245/19 Erb) die Voraussetzung der „unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken“ konkretisiert und die Vorschrift – wie von anderen Obergerichten bereits vorgegeben – restriktiv ausgelegt.
Fall des FG Düsseldorf
Die Erblasserin verstarb am 23.07.2016 und wurde allein durch ihre Tochter beerbt. Diese brauchte bis zum Januar 2017 um das bestehende Inventar des von der Erblasserin bewohnten Familienheims zu veräußern bzw. zu entrümpeln. Anschließend kümmerte sie sich im Februar und März 2017 um die Einholung von Handwerkerangeboten für eine umfassende Renovierung der Wohnung, welche im April vorlagen. Wegen der verspäteten Beauftragung im Mai 2017, der starken Auslastung der Handwerksbetriebe und der teilweise noch immer nicht vollständig beendeten Räumung verzögerte sich Fertigstellung der Arbeiten bis zum Januar 2018. Im Februar 2018 bezog die Tochter schließlich das renovierte Familienheim.
Für das Gericht kam dies zu spät. Der Erwerber müsse innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall, d.h. regelmäßig innerhalb von sechs Monaten, die Absicht zur Selbstnutzung der Wohnung fassen und durch den Einzug in die Wohnung tatsächlich umsetzen. Nach dieser Frist müsse der Erbe darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Im vorliegenden Fall lastet das Gericht die eingetretene Verzögerung aber der Erbin an, da diese bei der Entrümpelung auf die Beauftragung eines Fachunternehmens verzichtet und erst im Jahr 2017 mit der Besichtigung des offensichtlich renovierungsbedürftigen Objekts durch Handwerkerfirmen begonnen hatte. Allein die außerordentliche Auslastung der Handwerksbetriebe könne angesichts der eigenen Versäumnisse nicht als Entschuldigung angeführt werden.
Fazit
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 4c ErbStG durch die Gerichte sehr streng ausgelegt werden und auch bei sehr stark renovierungsbedürftigen Familienheimen nicht damit gerechnet werden kann, dass ein weit über sechsmonatiger Zeitraum bis zum tatsächlichen Einzug noch akzeptiert werden wird. Will der Erbe daher nicht auf eine Baustelle einziehen, sollte er sich angesichts der hohen Auslastung des Handwerks direkt nach dem Erbfall um entsprechende Betriebe bemühen. Um derartige Unsicherheiten in Bezug auf den steuerfreien Übergang des Familienheims zu vermeiden, könnte alternativ frühzeitig daran gedacht werden, die Immobilie zu Lebzeiten unter Vorbehalt des Nutzungsrechts an die Kinder zu übertragen.
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