Im ersten Teil des Blogbeitrags hatten wir uns bereits einer Fallkonstellation (Namentlich nicht benannte (Enkel)Kinder) gewidmet, in welcher der Nachweis der Erbfolge durch öffentliche Urkunde im Grundbuchverfahren (§ 35 Abs. 1 S. 2 GBO) problematisch ist. Das OLG Schleswig (Beschl. v. 16.8.2024 – 2x W 46/24) hatte kürzlich über eine weitere praxisrelevante Fallgruppe, das notarielle Testament mit sog. Pflichtteilsstrafklausel, zu entscheiden.
Pflichtteilsstrafklausel
In der Praxis wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Dies hätte nämlich zur Folge, dass der überlebende Ehegatte die pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge „auszahlen” und deswegen unter Umstände wertvolle Nachlassgegenstände veräußern müsste. Somit entspricht die Gestaltung dem Bedürfnis der Erblasser, die Geltendmachung des Anspruchs unattraktiv zu machen.
Pflichtteilsstrafklausel gefährdet Erbnachweis
Im Sachverhalt, der dem OLG Schleswig zur Entscheidung vorlag, hatte das Grundbuchamt zum Nachweis, dass keiner der Schlusserben den Pflichtteil geltend gemacht habe, einen Erbschein angefordert. Im Beschwerdeverfahren legten die Erben notarielle eidesstattliche Versicherungen dergestalt vor, dass sie jeweils für sich versicherten, den Pflichtteil nicht geltend gemacht zu haben, als der Vater vorverstarb. Diese Erklärung gaben drei Miterben gemeinsam vor einem Notar ab, der weitere Miterbe vor einem anderen Notar. Das OLG ließ diese eidesstattliche Erklärung nicht ausreichen. Zunächst teilt das Gericht die Auffassung des Kammergerichts, dass eidesstattliche Versicherungen im Grundbuchverfahren mangels Strafandrohung nicht per se geeignet sind, in der erforderlichen Form den Nachweis zu führen.
Einfache Erbenerklärung gemäß § 29 GBO?
Jedoch erörtert das OLG Schleswig im Unterschied zum Kammergericht bei Pflichtteilsstrafklauseln die Konsequenz, statt einer eidesstattlichen Versicherung einfache Erklärungen aller Erben in der Form des § GBO § 29 GBO, dass niemand den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden geltend gemacht hat, ausreichen zu lassen. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls waren die von den Schlusserben tatsächlich abgegebenen Erklärungen aber ungeeignet. Die Erben hatten jeweils nur für sich erklärt, den Pflichtteil nicht geltend gemacht zu haben. Dass nach ihrem Wissen auch die jeweils anderen Erben den Pflichtteil nach dem Tod des vorverstorbenen Elternteils nicht geltend gemacht haben, wurde von ihnen nicht erklärt. Außerdem hatten sie die nur auf sich bezogenen Erklärungen nicht alle gemeinsam vor einem Notar abgegeben. Die Gesamtschau dieser Umstände führte dazu, dass die bisher vorliegenden Erklärungen nicht ausreichend waren.
Fazit
Pflichtteilsstrafklauseln führen zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren und sollten daher möglichst vermieden werden. Idealerweise wird dem überlebenden Ehegatten das Recht eingeräumt, die Schlusserbeinsetzung von Abkömmlingen, die ihren Pflichtteil geltend machen, zu widerrufen. Ist bereits eine Pflichtteilsstrafklausel beurkundet lehrt die Entscheidung des OLG Schleswig, dass die Erklärungen der Schlusserben alle vor demselben Notar und vollumfänglich auf alle Erben bezogen abgegeben werden sollten.
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