Die Haftung trifft nicht nur Steuerberater
Die realisierten Veräußerungsgewinne sind durch den Verkäufer möglicherweise gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Einem Steuerberater obliegt gegenüber seinem Mandanten in diesem Zusammenhang bereits dann eine umfassende Hinweispflicht, wenn dieser ihn bezüglich seiner Verkaufsabsicht gar nicht konkret mit der Prüfung beauftragt, sondern der Steuerberater nur beiläufig davon erfährt (OLG Zweibrücken, Urt. v. 26.06.2020, Az. 2 U 16/19). Aber auch alldiejenigen, die den Verkäufer im Zuge des Verkaufs der Immobilie außerhalb des Steuerrechts beraten, namentlich z.B. Immobilienmakler, Rechtsanwälte und Notare, werden im Vorfeld der Beurkundung und teilweise auch noch im Beurkundungstermin mit Fragen bezüglich des Eintritts der Spekulationssteuer konfrontiert. Unabhängig davon, wie gut der betreffende Berater aber über die steuerlichen Vorgaben des § 23 EStG Bescheid weiß, ist bei der Antwort auf diese Fragen äußerste Vorsicht geboten, wie exemplarisch der folgende Fall des LG Köln (Urt. V. 29.09.2020, Az. 5 O 171/19) zeigt:
Der Notar hatte im Notarvertrag eine übliche Klausel vorgesehen, die wie folgt lautete: „Der Notar hat keine steuerliche Beratung vorgenommen; er hat lediglich auf die Steuerpflicht privater Veräußerungsgeschäfte innerhalb von 10 Jahren hingewiesen.“ Die Beweisaufnahme des Gerichts ergab jedoch, dass der Notar bei der Verlesung dieser Klausel sich zu der Bemerkung hinreißen ließ, „das würde die Klägerin nicht betreffen, weil die Frist ja abgelaufen sei.“
Laut dem Landgericht muss der Notar für den Steuerschaden der Verkäuferin in Höhe von knapp 50.000 € aufkommen. Zwar ist der Notar, der nicht der steuerliche Berater der Beteiligten ist, in der Regel nur dazu verpflichtet, generell auf die Möglichkeit einer Versteuerung eines Spekulationsgewinns hinzuweisen. Auch ohne allgemeine Pflicht zur Belehrung über steuerrechtliche Fragen kann sich eine solche aber daraus ergeben, dass der Notar im Zusammenhang mit der Beurkundung von sich heraus über steuerrechtliche Fragen belehrt und dabei unrichtige, unklare oder unvollständige Auskunft erteilt. Indem der beklagte Notar anlässlich der Beurkundung der Klägerin „ins Blaue hinein“ versicherte, die Steuerpflicht beträfe sie nicht, hat er (ungewollt) gegenüber der steuerlich nicht beratenen Klägerin eine unrichtige Belehrung in steuerlichen Angelegenheiten übernommen, welche den Schaden kausal verursacht hat.
Inwieweit Immobilienmakler ihren Kunden einen Hinweis auf das Entstehen von Spekulationssteuer schulden ist auch immer wieder Gegenstand von Entscheidungen. Nachdem Obergerichte zuvor unterschiedlich geurteilt hatten, stellte der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 (Urt. V. 12.7.2018 – I ZR 152/17) fest, dass den Immobilienmakler zwar grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht trifft, steuerrechtliche Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit dem vermittelten Grundstückskaufvertrag stellen und seinen Kunden über die Risiken einer Spekulationsbesteuerung aufzuklären. Abweichendes gelte im Einzelfall aber ausnahmsweise dann, wenn der Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann geriert, wenn er sich in seiner Werbung einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung berühmt, wenn der Auftraggeber hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf oder wenn der Makler den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsabschluss verleitet. Außerdem gilt auch für den Immobilienmakler der Grundsatz: Gibt der Makler von sich aus steuerliche Auskünfte, müssen diese richtig sein. Im Hinblick auf die damit verbundenen Haftungsrisiken, sollten auch Makler weder Auskünfte erteilen, noch den Anschein erwecken, über steuerrechtliche Sachkenntnis zu verfügen.