Können zu einer Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags Käufer und/oder Verkäufer nicht persönlich erscheinen und existiert auch keine notarielle Erwerbs- und/oder Veräußerungsvollmacht, wir die nicht anwesende Vertragspartei nicht selten durch einen sog. Vertreter ohne Vertretungsmacht vertreten. Dieser handelt vorbehaltlich einer nachträglichen Genehmigungserklärung der vertretenen Partei in zumindest notariell beglaubigter Form. Der Vertrag wird sodann erst dann wirksam, wenn die entsprechende Genehmigungserklärung bei dem im Vertrag empfangsbevollmächtigten Notar eingeht, dann allerdings mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung durch den Vertreter (vgl. § 184 Abs. 1 BGB).
Zeitpunkt der Mangelkenntnis des Käufers mitunter entscheidend
Wird der Käufer in der Beurkundungsverhandlung vollmachtlos vertreten liegt zwischen der Vertretung und dem Eingang der Genehmigung beim Notar einige Zeit, so kann die Frage aufkommen, auf welchen Zeitpunkt für mögliche Kenntnis des Käufers von einen Mangel abzustellen ist. Bekanntlich sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels dann ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Eine aktuelle Entscheidung des BGH (Urteil vom 6.5.2022 – V ZR 282/20) illustriert die Problematik.
Sachverhalt
Ein Makler verlangte von einer Bauträgerin die Zahlung einer Maklerprovision. Laut Maklerexposé konnten im bislang als Bürogebäude genutzten Objekt problemlos eine vermietbare Fläche von circa 1.704 qm für Studenten entstehen. Zudem gebe es ein 153 qm großes Hinterhofgebäude. Im April 2019 wurde der Kaufvertrag mit umfassenden Sachmangelgewährleistungsausschluss notariell beurkundet, wobei sowohl die Eigentümerin als auch die Käuferin vollmachtlos vertreten waren. Nachdem die Verkäuferin den Vertrag genehmigt hatte, ließ auch der Geschäftsführer der Käuferin seine Genehmigung am 15.04.2019 notariell beglaubigen. Noch bevor er die Genehmigung am 29.05.2019 an den Notar versandte, erfuhr die Käuferin, dass die im Maklerexposé gemachten Flächenangaben fehlerhaft waren. In dem Übersendungsschreiben an den Notar erklärte die Käuferin, die Genehmigung erfolge „ohne jedes Präjudiz und unbeschadet etwaiger Ansprüche gegenüber Verkäufer und/oder Makler unter anderem wegen unzutreffender Angaben zum Kaufgegenstand“. Der klagende Makler fordert die Zahlung der Provision. Die Beklagte lehnte dies wegen Vorliegens eines dauerhaften Leistungsverweigerungsrechts ab und forderte ihrerseits widerklagend von Makler und Verkäuferin unter anderem Schadensersatz in Höhe von 342.000 EUR.
BGH: Zeitpunkt des Inverkehrbringens der Genehmigung maßgeblich
Die Vorinstanzen und schließlich der BGH haben der Klage des Maklers stattgegeben und die Widerklage der Käuferin zurückgewiesen. Für ihre Kenntnis vom Mangel sei allein der Zeitpunkt der abgegebenen Genehmigungserklärung erheblich. Solange sie diese noch nicht in den Verkehr gebracht habe, sei der Vertrag noch schwebend unwirksam und sie müsse neu gewonnene Kenntnisse über Mängel gegen sich gelten lassen. Die Käuferin habe durch die Übersendung der Genehmigungserklärung den Kaufvertrag in Kenntnis des Mangels zustande kommen lassen, obwohl sie das hätte verhindern können. Wenn sie sehenden Auges einen mangelhaften Gegenstand kaufe, um anschließend Ansprüche aus Sachmängelhaftung geltend zu machen, verhalte sie sich dadurch widersprüchlich.
Fazit
Obwohl die nachträgliche Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt, gilt dies nicht für den Zeitpunkt der Kenntnis des Käufers von etwaigen Mängeln. Eine Reduzierung des Kaufpreises dergestalt, dass der Kaufvertrag über die mangelhafte Sache zwar zur Wirksamkeit verholfen wird, nur um sich dann gegenüber dem Makler schadlos zu halten, hat der BGH eine eindeutige Absage erteilt. Käufern ist einer derartigen Situation somit zu raten, unter Berufung auf die neu gewonnene Mangelkenntnis in erneute Kaufpreisverhandlung direkt mit dem Verkäufer einzutreten.
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