Gemäß § 7 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) wird für den Fall, dass Miteigentümer ein ihnen gehörendes Grundstück flächenweise teilen, Grunderwerbsteuer insoweit nicht erhoben, als der Wert des Teilgrundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist. Diese Bestimmung beruht – wie die §§ 5 und 6 GrEStG – auf dem Rechtsgedanken, dass die Steuer nicht erhoben werden soll, soweit sich nur die Rechtsnatur, nicht aber der Umfang der Berechtigung an einem Grundstück ändert. Eine flächenweise Teilung i.S.d. § 7 Absatz 1 GrEStG kann auch dann gegeben sein, wenn das Miteigentum an einem Grundstück in der Weise beschränkt wird, dass jedem Miteigentümer Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz eingeräumt wird. Insofern wendet der BFH die Befreiungsvorschrift analog an.
Entsprechende Anwendung auf den umgekehrten Fall der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Inwieweit die Befreiungsvorschrift des § 7 Abs. 1 GrEStG auch bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und der anschließenden Begründung von Miteigentum entsprechend anwendbar ist, war nun erstmals Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (Urt. v. 31.7.2024 – II R 30/21). Der Kläger und eine Bank bildeten zwei Wohnungseigentümergemeinschaften für ein Gebäude mit einer Bankfiliale und mehreren Wohnungen. Durch einen notariellen Vertrag wurden diese Gemeinschaften aufgehoben, und es entstand Miteigentum an den Grundstücken. Zudem wurden Miteigentumsanteile getauscht und neue Wohnungseigentümergemeinschaften gebildet. Das Finanzamt betrachtete diese Vorgänge als grunderwerbsteuerpflichtige Erwerbe und setzte entsprechende Steuern fest.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts, dass die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaften und die Begründung von Miteigentum als steuerbarer Tausch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 GrEStG zu behandeln ist. Anders als im Falle der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch mehrere Miteigentümer komme für den umgekehrten Vorgang der Aufhebung von Wohnungs- und Teileigentum und Bildung von Miteigentum eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 GrEStG nicht in Betracht. Grund hierfür sei, dass es zu einer abweichenden Zuordnung der Flächen komme, die bislang im Sondereigentum standen und nun den Miteigentümern gemeinsam gehörten.
Fazit
Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis. Bei der Aufhebung von Wohnungseigentümergemeinschaften und der anschließenden Begründung von Miteigentum ist nunmehr sicher mit einer Grunderwerbsteuerpflicht zu rechnen. Immobilienbesitzer und Berater sollten diese Entscheidung bei der Planung von Umstrukturierungen berücksichtigen und mögliche steuerliche Belastungen einkalkulieren. Betroffene sollten sich daher frühzeitig steuerlich beraten lassen, um unerwartete finanzielle Belastungen zu vermeiden.
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