Sind verkaufte Wohnflächen zumindest teilweise nicht baurechtlich als Wohnraum genehmigt, entsteht nach einer Beurkundung regelmäßig Streit, wenn dem Käufer dieser Umstand bei Abschluss des Vertrags nicht bekannt war. Denn in der Regel enthält der Grundstückkaufvertrag über eine gebrauchte Immobilie einen umfassenden Ausschluss sämtlicher Sachmangelgewährleistungsansprüche des Käufers. Dieser kann dann wegen der fehlenden Baugenehmigung nur dann gegen den Verkäufer vorgehen, wenn dieser diesen Umstand arglistig verschwiegen hat oder insofern eine vertragliche Beschaffenheit oder Garantie vereinbart wurde.
Konkludente Beschaffenheitsgarantie durch den Verkauf einer „Wohnung“?
Zu diesem Problemkreis hat kürzlich das OLG Frankfurt eine instruktive Entscheidung gefällt (OLG Frankfurt, Beschl. v. 31.10.2023 und v. 10.10.2023, Az. 6 U 210/22). Die Klägerin als Käuferin und der Beklagte als Verkäufer schlossen einen notariellen Kaufvertrag über einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück verbunden mit Sondereigentum „an der Wohnung Nr. …, Straße1“. Der Kaufvertrag enthielt einen Sachmangelgewährleistungsausschluss. Nach Eigentumsübergang auf die Klägerin erfuhr diese, dass die Wohnung ohne Baugenehmigung errichtet worden war. Hierauf forderte sie vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Das OLG Frankfurt bejaht zwar im Grundsatz das Vorliegen eines Mangels, da es an der baurechtlich gesicherten Befugnis fehle, das Objekt für den vertraglich vorausgesetzten Zweck zu nutzen. Dies helfe der Klägerin aufgrund des vereinbarten Haftungsausschlusses allerdings nicht weiter. Die Berufung des Beklagten auf denselben sei auch nicht wegen einer übernommenen vertraglichen Beschaffenheitsgarantie ausgeschlossen. In der Bezeichnung „Wohnung“ im Kaufvertrag könne keine Beschaffenheitsgarantie gesehen werden, sondern nur um eine übliche Bezeichnung für den Kaufgegenstand. Der Begriff bezeichnet den rein tatsächlichen Zustand der Räumlichkeiten, nämlich die – tatsächliche – Verwendung und die – tatsächliche – vergangene Nutzung zu Wohnzwecken. Eine vorbehaltslose, verschuldensunabhängige und intensivierte Einstandspflicht für die baurechtliche Unbedenklichkeit der Wohnung habe der Beklagte dadurch nicht übernehmen wollen.
Auch keine Arglist
Schließlich sei der vertraglich vereinbarte Ausschluss der Gewährleistungsrechte auch nicht wegen arglistigen Verhaltens des Beklagten unwirksam. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass der Beklagte Kenntnis von der fehlenden Baugenehmigung gehabt habe oder diese hätte kennen müssen. Der Beklagte habe vierzehn Jahre selbst in der Wohnung gewohnt und nach seiner eigenen Aussage von einer fehlenden Baugenehmigung nichts gewusst. Es seien auch keine Umstände dafür ersichtlich, dass das Fehlen der Baugenehmigung sich dem Beklagten aus irgendeinem Grunde hätte aufdrängen müssen.
Fazit
Im Ergebnis blieb die Klage auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags damit ohne Erfolg. Die Klägerin hat ungewollt eine Wohnung erworben, die ohne Baugenehmigung errichtet wurde. Ein solches Ergebnis kann nur dadurch vermieden werden, dass bei Zweifeln über die Genehmigungslage bereits im Vorfeld der Beurkundung die Bauakte eingesehen wird. Ist dies wegen langer Bearbeitungszeiten beim zuständigen Bauamt nicht möglich, sollte jedenfalls ein vertragliches Rücktrittsrecht für den Käufer vorgesehen werden.
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