Wieder einmal musste sich der Bundesfinanzhof zu den Auswirkungen einer beurkundeten Umsatzsteueroption in einem Grundstückskaufvertrag sowie zu den Voraussetzungen eines nachträglichen Widerrufs einer Optionsausübung äußern. Um den Kontext der Entscheidung besser einordnen zu können, muss man sich folgendes vor Augen führen:
Kontext der Entscheidung
Insbesondere bei der Herstellung einer Immobilie fallen regelmäßig hohe Vorsteuerbeträge an. Unter den Voraussetzungen des § 15 UStG kann ein Unternehmer Vorsteuerbeträge abziehen, wenn er das Grundstück verwendet, um Umsätze zu erzielen, die der Umsatzsteuer unterliegen (etwa die gewerbliche Vermietung an Unternehmer). Dieser Vorsteuerabzug gerät für einen Verkäufer dann in Gefahr, wenn er das Grundstück veräußert. Denn § 15a UStG ordnet an, dass eine Berichtigung des dem Verkäufer in vergangenen 10 Jahre bereits gewährten Vorsteuerabzugs vorzunehmen ist, wenn es
- entweder (durch den Käufer) zu einer geänderten Verwendung des Grundstücks kommt (steuerfreie statt steuerpflichtige Ausgangsumsätze)
- oder wenn das Grundstück umsatzsteuerfrei veräußert wird, obwohl die bisherige Verwendung des Grundstücks umsatzsteuerbare Umsätze beinhaltete.
Vermeidung der Vorsteuerkorrektur durch Umsatzsteueroption
Dabei muss man wissen, dass die normale Veräußerung eines Grundstücks gemäß § 4 Nr. 9 lit. a) UStG von der umsatzsteuerbefreit ist. Deswegen droht dem Verkäufer eine Vorsteuerkorrektur zu seinen Lasten, sofern er Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat und die Veräußerung innerhalb des zehnjährigen Berichtigungszeitraumes erfolgt. Eine Vorsteuerkorrektur kann der Verkäufer nur vermeiden, wenn er auf die Steuerfreiheit der Grundstückslieferung verzichtet (§ 9 UStG). Diese Option ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft und kann insbesondere nur erklärt werden, wenn der Käufer der Immobilie selbst umsatzsteuerlicher Unternehmer ist oder durch den Kauf wird.
Umsatzsteueroption muss mitbeurkundet werden
Für den Notar ist das Thema der Umsatzsteueroption deshalb so relevant, weil der Gesetzgeber eine derartige Option nur dann anerkennt, wenn sie im beurkundeten Grundstückskaufvertrag enthalten ist (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG). Deshalb müssen die steuerlichen Berater der Vertragsparteien alle für die Optionsausübung relevanten Erklärungen rechtszeitig vor Beurkundung ausarbeiten und dem Notar zur Verfügung stellen. Nachträgliche Ergänzungen oder Änderungen werden von der Finanzverwaltung nicht anerkannt.
BFH entscheidet zum Widerruf der Umsatzsteueroption
Bei dem vom BFH mit Beschluss vom 02.07.2021 (Az. XI R 22/19) entschiedenen Fall ging es nun um die Frage, ob ein Widerruf der im Grundstückskaufvertrag ausgeübten Umsatzsteueroption später durch eine notarielle Nachtragsurkunde wirksam widerrufen werden kann. Ein späterer Widerruf der Option zur Steuerpflicht kann insbesondere dann opportun sein, wenn der Grundstückserwerber letztlich – anders als ursprünglich bei Erwerb geplant – nicht ausschließlich umsatzsteuerpflichtige, sondern (vorsteuerschädliche) umsatzsteuerfreie Umsätze im Zusammenhang mit dem Grundstück erzielt. Dann wäre die zuvor bei dem steuerpflichtigen Erwerb in Abzug gebrachte Vorsteuer (teilweise) zurückzuzahlen (§ 15 a UStG). Um das zu verhindern haben sich Verkäufer und Käufer im zu entscheidenden Fall nachträglich auf einen Widerruf geeinigt.
BFH verneint actus contrarius Argument des FA
Die Finanzverwaltung erkannte den nachträglichen Widerruf nicht an. Als actus contrarius müsse der Widerruf (genauso wie die Optionsausübung selbst) ebenfalls im Grundstückskaufvertrag vereinbart werden. Dies lehnte der BFH zutreffend mit der Begründung ab, dass bei dies Sichtweise für den Widerruf kein praktischer Anwendungsfall mehr verbliebe. Der Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung könne vielmehr auch außerhalb der Kaufvertragsurkunde erfolgen, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder änderbar ist.
Fazit
Die Entscheidung des BFH ermöglicht in Bezug auf den Widerruf einer ausgeübten Umsatzsteueroption in zeitlicher Hinsicht zwar etwas mehr Flexibilität. Es darf aber nicht verkannt werden, dass auch die umsatzsteuerlichen Verhältnisse des Verkäufers zu berücksichtigen sind. Durch den Widerruf erfolgt wieder eine umsatzsteuerfreie Grundstückslieferung, sodass hierdurch ein rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vorliegen könnte. Es droht daher wiederum dem Verkäufer eine Vorsteuerberichtigung für den 10 Jahreszeitraum. In derartigen Fällen müssen daher im Zusammenhang mit dem Widerruf unter Umständen Ausgleichsregelungen gefunden werden. Vor diesem Hintergrund ist es für beide Vertragsparteien unerlässlich, für den gesamten Prozess steuerliche Berater hinzuzuziehen.
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