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Ist der Verzicht auf ein nicht mehr ausgeübtes Wohnungsrecht eine Schenkung?

Der BGH sorgt für Klarheit

Was tun mit dem Wohnungsrecht, wenn es nicht mehr gebraucht wird?

Ein absoluter Klassiker in der notariellen Praxis ist die Übergabe der eigenen Wohnung bzw. des eigenen Wohnhauses unter dem Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Wohnungsrechts. Kann oder will der Berechtigte zu Lebzeiten sein Wohnungsrecht aber nicht mehr ausüben, so wird das Recht schnell zur Belastung. Schließlich verursacht das Objekt weiter Kosten und der neue Eigentümer ist aufgrund des Fortbestehens des Rechts an einer eigenen Nutzung gehindert.

Was liegt da näher, als schlicht auf das Wohnungsrecht zu verzichten? Wird für diesen Verzicht keine adäquate Gegenleistung gezahlt, stellt sich die Frage, ob damit eine Schenkung an den Eigentümer verbunden ist.

Verzicht und Schenkungsverbot für Betreuer

Relevant kann dies zum einen dann werden, wenn der Berechtigte unter Betreuung steht oder bei dem Verzicht durch ein Vorsorgebevollmächtigten vertreten werden muss. Dem gesetzlichen Betreuer sind Schenkungen untersagt und auch in den meisten Vorsorgevollmachten bestehen insofern Einschränkungen. Für diesen Kontext hat der BGH bereits vor einiger Zeit entschieden, dass es dem Schenkungsverbot nicht widerspricht, wenn der Betreuer auf ein nicht mehr ausübbares Wohnungsrecht des Betreuten Verzicht, um diesen von der Kostenlast zu befreien (Beschluss vom 25. 1. 2012, Az. XII ZB 479/11).

Schenkungsrückforderung bei Verzicht auf Wohnungsrecht

Zum anderen sind die Konstellationen interessant, in denen der Berechtigte von der betreffenden Immobilie in ein Pflegeheim umzieht und dann zur Bestreitung der Heimkosten auf Grundsicherung angewiesen ist. In diesen Fällen stellt sich die Frage, ob bei einem Verzicht auf das Wohnungsrecht aufgrund der damit verbundenen Schenkung ein für den Sozialhilfeträger überleitbarer Rückforderungsanspruch (§ 528 BGB) vorliegt und dementsprechend Ersatz der beim Eigentümer durch den Verzicht eingetretenen Wertsteigerung verlangt werden kann. Hier hat der BGH nun kürzlich – entgegen seiner Einordnung in betreuungsrechtlichen Zusammenhang – eine Schenkung angenommen und den Eigentümer zur Zahlung an den Sozialhilfeträger verurteilt (Urt. v. 20.10.2020, Az. X ZR 7/20).

Vertragsgestaltungsoptionen

Die vorstehenden schenkungsrechtlichen Probleme eines nachträglichen Verzichts lassen sich alle relativ leicht dadurch lösen, dass das vereinbarte Wohnungsrecht durch den Notar von vorne herein unter die auflösende Bedingung gestellt wird, dass es voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann oder sich die Meldeanschrift des Berechtigten sich nicht mehr im Vertragsobjekt befindet. Ein Geldersatz durch den Eigentümer im Fall des Bedingungseintritts kann ausdrücklich ausgeschlossen werden.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

10 Nov., 2021

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