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Irrtum über erbschaftsteuerliche Freibeträge kein Grund für Anfechtung einer Erbschaft

Die Höhe der erbschaftsteuerlichen Freibeträge von Familienangehörigen sind durch die Änderungen des Jahressteuergesetz 2022 wieder in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt worden. Gleichwohl herrscht hierzu verbreitet noch immer eine große Unwissenheit.

Vergleichsweise kleine Steuerfreibeträge bei Personen der Steuerklasse II

Relativ großzügige Freibeträge genießt im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer bekanntermaßen derjenige Personenkreis, welcher der Steuerklasse I zuzurechnen ist, sprich Ehegatten (500.000 €), (Stief-) Kinder (400.000 €), Kinder der (Stief-) Kinder (200.000 €) und Eltern bei Erwerben von Todes wegen (100.000 €). Dagegen behandelt das Gesetz Angehörige der Steuerklasse II, also Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder bzw. –eltern und die Eltern bei Schenkungserwerb, mit einen Freibetrag in Höhe von 20.000 €, in dieser Hinsicht nicht besser, als vollkommen fremde Dritte.

Reparatur eines Steuerirrtums nicht immer möglich

Vor diesem Hintergrund kann ein Irrtum über die Höhe eines konkreten Freibetrags unter Umständen unmittelbar zu einer erheblichen Steuerbelastung führen. In einem kürzlich vom OLG Hamm (Beschl. v. 04.11.2022 ­– 10 W 125/21) entschiedenen Fall war ein kinderloser Erblasser je zu gleichen Teilen durch seine Mutter und seinen Bruder beerbt worden. Nach Beantragung eines gemeinschaftlichen Erbscheins erklärte der Bruder kurze Zeit später die Anfechtung der Erbschaftsannahme mit der Begründung, er habe sich im Irrtum über die Höhe der ihm zustehenden Steuerfreibeträge befunden.

Irrtum über Erbschaftsteuerfreibeträge ist unbeachtlicher Rechtsfolgenirrtum

Das OLG Hamm lehnte die Einziehung des erteilten Erbscheins mit der Begründung ab, ein Rechtsirrtum berechtige nur dann zur Anfechtung, wenn das vorgenommene
Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeuge. Indem der Bruder lediglich einer Fehlvorstellung über die Höhe des zu seinen Gunsten greifenden Steuerfreibetrages unterlag, irrte er nicht über den Eintritt wesentlich anderer Rechtsfolgen, sondern nur über die Höhe der ihn treffenden Erbschaftssteuer als einer mittelbaren Rechtswirkung. Dieser Rechtsfolgenirrtum berechtigte nicht zur Anfechtung.

Fazit

Bei jeder Vermögensverfügung sind die erb- und schenkungsteuerlichen Freibeträge zu berücksichtigen. Hätte der Bruder das Erbe ausgeschlagen, wäre es allein der Mutter zugefallen, die im Erbfalls der Steuerklasse I mit einem Freibetrag von 100.000 € unterlag. Anschließend hätte die Mutter die hälftige Erbschaft an den Bruder schenkweise übertragen können, wofür wiederum ein Freibetrag von 400.000 € zur Verfügung gestanden hätte. Es empfiehlt sich daher bereits im Vorfeld notarieller Beurkundungen auch steuerliche Berater hinzuziehen. 

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

6 Jan., 2023

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