klühs notar

Höhe der Instandhaltungsrücklage keine Beschaffenheit der verkauften Wohnung

Bis zur entsprechenden Änderung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung im Jahr 2020 (BFH Urt. v. 16.09.2020, Az. II R 49/17, hierzu auch unser Blogartikel vom 02.08.2021) wurden in Wohnungseigentumskaufverträgen zur Minderung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer regelmäßig die anteilig auf den Kaufgegenstand entfallende Höhe der Instandhaltungsrücklage angegeben. Obwohl der BFH in aller Deutlichkeit festgestellt hatte, dass die Rücklage der Gemeinschaft zusteht, der Wohnungseigentümer nicht über diese verfügen könne und der Kaufpreis daher keine Gegenleistung für die Übertragung der Rücklage beinhalte, besteht bei Beteiligten vereinzelt (aus alter Gewohnheit) noch immer der Wunsch, die Höhe der bestehenden Instandhaltungsrücklage in den Vertrag aufzunehmen.

Beschaffenheitsangabe als Ausnahme vom Sachmängelgewährleistungsausschluss?

Wie gefährlich Aussagen zur Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag bzw. im vorvertraglichen Maklerexposé sein können zeigt ein aktueller Fall des OLG Koblenz (Urt. v, 17.5.2023 – 15 U 1098/22). Die Klägerin erwarb eine Eigentumswohnung mit umfassendem Sachmängelgewährleistungsausschluss. Im Kaufvertrag heißt es: „Der Anteil an der Instandhaltungsrücklage beträgt nach Angaben zum 10.5.2019 EUR 31.530,46, ist im Kaufpreis enthalten und geht mit Besitzübergang über.“ In dem Maklerexposé waren anstehende Arbeiten im Umfang von 50.000 EUR – davon 30.000 EUR „Dachsanierung“ – aufgeführt mit der Bemerkung „Rücklagen vorhanden“ bzw. auf dem Hausverwalterkonto „geparkt“. Tatsächlich resultierte der auf dem Hausverwalterkonto befindliche Betrag aus Schadensersatzansprüchen gegen Bauunternehmen und wurde anstatt zur Dachsanierung, für die Beseitigung anderweitiger Schäden benötigt.

Gewählte Formulierung führt nicht zu Beschaffenheitsvereinbarung

Nachdem das LG der Klage stattgegeben hatte, wies das OLG die Klage auf die Berufung hin ab. In der gewählten Formulierung, „der Anteil an der Instandhaltungsrücklage beträgt nach Angaben …“ liege keine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn der Verkäufer bringe mit dem Zusatz „nach Angaben“ hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass es sich dabei nicht um eigenes Wissen des Verkäufers handle und er für die inhaltliche Richtigkeit der Angabe nicht haften wolle. Dafür spreche auch der Umstand, dass die Instandhaltungsrücklage dem Verband der Wohnungseigentümer zustehe. Vor diesem Hintergrund müsse ein Käufer stets mit einer bereits erfolgten Verwendung einer angesammelten Instandsetzungsrücklage rechnen und könne nicht erwarten, dass im Zeitpunkt des Gefahrübergangs solche Gemeinschaftsmittel tatsächlich (noch) vorhanden seien. Insofern könne dann aber auch nicht angenommen werden, dass der Beklagte für eine bestimmte Höhe der Instandhaltungsrücklage im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung haften wolle.

Exposéangaben nicht Bestanteil des Kaufvertrags

Die Angaben des Verkäufers im Exposé, die die Fehlvorstellung der Klägerin über die Höhe der Instandhaltungsrücklage hervorgerufen hatten, fanden keinen Niederschlag im Kaufvertrag, so dass auch insoweit nicht von einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen werden konnte.

Fazit

Wenngleich die Höhe der bestehenden Instandhaltungsrücklage bei der Kaufentscheidung für eine Eigentumswohnung nicht unwesentlich ist und definitiv einen wertbildenden Faktor darstellt, kann ohne ausdrückliche Regelung nicht von einer Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen werden. Käufer müssen auf eine vorvertragliche Klärung der tatsächlichen Gegebenheiten drängen. Für die notarielle Praxis sollte in Regelfall auf eine streitträchtige Wissenserklärung über angeblich bestehende Instandhaltungsrücklagen verzichtet werden.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

22 Jan., 2024

Weitere Themen

Immobilienrecht
Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung kann das Recht auf Vermietung des Sondereigentums beschränkt oder für bestimmte Fälle ganz ausgeschlossen werden. Das Kammergericht hat sich nun der Frage gewidmet, nwieweit derartige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechen müssen.

Mehr

Immobilienrecht
Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Seit der Neufassung der AVA zum  06.07.2021 regelt § 3 Abs. 3 S. 1 AVA, dass die Planseiten der einzureichenden Aufteilungspläne maximal das Format DIN A3 aufweisen dürfen. Werden abweichend hiervon größere Planunterlagen eingereicht und wird daraufhin die Abgeschlossenheit bescheinigt, stellt sich die Folgefrage, inwieweit das Grundbuchamt diese nicht gesetzteskonformen Unterlagen zur Grundlage der Eintragung machen darf.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

In der Praxis der Testamentsgestaltung wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Das führt zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren, wenn im Erbfall dann das Grundbuch berichtigt werden soll.

Mehr

Unternehmensrecht
Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Die Zulässigkeit von Vesting-Regelungen gerät immer mehr in den Fokus der Rechtspraxis. Hierzu liegt nunmehr eine erste Gerichtsentscheidung des Kammergerichts vor. Danach haben Investoren ein legitimes praktisches Bedürfnis nach einer (zeitlich limitierten) Vesting-Regelung, da sie darauf angewiesen seien, dass sich die Gründer weiterhin mit ihrem Know-How voll einbringen.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr