Zur Konkretisierung des Verkaufsobjektes oder sonstiger vertragsrelevanter Umstände wird im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen regelmäßig auf Flurkarten, Grundrisse oder sonstige Planzeichnungen Bezug genommen. Da derartige Unterlagen häufig sogar als Anlage Bestandteil der Kaufvertragsurkunde werden, ist bei deren Ausgestaltung, Veränderung und Interpretation durch Beteiligten, Makler und Notar ein großes Maß an Sorgfalt erforderlich.
Haftung eines Maklers für farbliche Grenzziehung in Flurkarte
Wie schnell die farbliche Hervorhebung einer Grundstücksgrenze in einer Flurkarte zu einer Haftung führen kann, zeigt sich an einem kürzlich durch das LG Lübeck (Urt. v. 15.5.2023, Az. 10 O 315/21) entschiedenen Fall. Das vom Makler erstellte Verkaufsexposé für eine Doppelhaushälfte beinhaltete einen Ausschnitt aus der Flurkarte des Katasteramts. Um das zum Verkauf stehende Grundstück zu kennzeichnen, wurden die Grenzlinien digital mit einer breiten roten Linie hervorgehoben. Diese überdeckte danach die feinere schwarze Linie, mit der die Grundstücksgrenze zuvor auf der Flurkarte bezeichnet war, sodass der vorhandene, im Exposé jedoch nicht erwähnte Überbau des Nachbargebäudes nur noch bei genauerer Betrachtung erkennbar war. Die Erwerber verklagten den Makler auf Schadenersatz.
Veränderung am Lageplan waren ursächlich für fehlerhafte Beschreibung der Kaufsache
Das Gericht verurteilte den Makler wegen schuldhafter Verletzung seiner Aufklärungspflicht. Er habe im Exposé die Verhältnisse hinsichtlich des vorhandenen Überbaus unrichtig wiedergegeben und damit verhindert, dass die Kläger die fehlerhafte Lage der Einfriedung erkennen konnten. Der Lageplan in einem Exposé habe den Zweck, dem Kaufinteressenten einen Überblick über die Lage des Grundstücks zu verschaffen. Bei einer zusätzlich vorgenommenen, farblich ins Auge stechenden Markierung der Grenzlinien bestehe für den Kaufinteressenten kein Anlass, die Korrektheit dieser Markierung infrage zu stellen und den Plan eingehender als üblich in Augenschein zu nehmen, um dann aus einer – im Vergleich mit der Markierung – als unwesentlich erscheinenden zusätzlichen Linie auf den Umstand eines Überbaus zu schließen. Auch wenn die Markierung der Grenzlinien in einem Maklerexposé ein verkehrsüblicher Vorgang sei, ändere dies nichts daran, dass dieses Vorgehen dazu geführt habe, dass ein im Plan eingezeichneter Überbau verdeckt worden sei.
Fazit
Hinsichtlich der Angaben in einem Verkaufsexposé gilt zwar prinzipiell, dass ein Makler Informationen, die er von dem Veräußerer erhalten hat, grundsätzlich ungeprüft weitergeben kann, denn er darf im Allgemeinen auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen. Kennzeichnet er aber etwa eigeninitiativ Grenzlinien, dann begibt er sich ins Risiko. Für Makler, aber auch für Notare gilt daher die Empfehlung, farbliche Kennzeichnungen in vertragsrelevanten Plänen niemals eigenverantwortlich vorzunehmen, sondern dies den Beteiligten selbst zu überlassen. Dabei sollte, abhängig vom verwendeten Maßstab des Plans, auf eine sehr feine Linienziehung geachtet werden. Anderenfalls droht, etwa auch bei einem Teilflächenverkauf Streit um den zukünftigen Grenzverlauf.
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