klühs notar

Genehmigung des Familien-, Betreuungs- oder Nachlassgerichts der aufgrund Finanzierungsvollmacht bestellten Grundschuld

Grundstückkaufverträge, die aufgrund der Minderjährigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit des Verkäufers oder wegen der besonderen Nachlasskonstellation die Vertretung durch einen gesetzlichen Vertreter notwendig machen, bedürfen in aller Regel die nachträgliche Genehmigung durch das Familien-, Betreuungs- oder Nachlassgerichts (§ 1850 Nr. 1 BGB). An die damit verbundenen Abwicklungsschwierigkeiten hat sich die notarielle Praxis gewöhnt. Für die Beteiligten hat die Beteiligung des zuständigen Amtsgerichts jedoch nicht selten eine erhebliche Verzögerung der Vertragsdurchführung zur Folge.

Finanzierungsgrundschuld des Käufers gesondert genehmigungsbedürftig

Weiter verkompliziert wird die Situation, wenn der Käufer den Kaufpreis finanziert und zur Absicherung eine Grundschuld an dem erworbenen Kaufobjekt bestellt werden soll. Denn die meisten Grundbuchämter in Deutschland verlangen auf Grundlage der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung (OLG Zweibrücken Beschl. v. 22. 12. 2004 – 3 W 130/04; OLG Frankfurt a.M. Beschl. v. 16.06.2011 – 20 W 251/11; OLG Hamm Beschl. v. 20.9.2013 – I-15 W 251/13) für die Eintragung von Grundpfandrechten auf der Grundlage einer im Kaufvertrag enthaltenen Belastungsvollmacht eine eigenständige gerichtliche Genehmigung. Vor diesem Hintergrund ist es aus notarieller Sicht wichtig darauf hinzuwirken, dass Kaufvertrag und Grundschuldbestellung im engen zeitlichen Zusammenhang zueinander beurkundet werden, da anderenfalls eine zweimalige Befassung des Gerichts mit dem Vorgang und damit eine weitere Verzögerung der Vertragsabwicklung die Folge wäre.

OLG Düsseldorf stellt Genehmigungsbedürftigkeit in Frage

Nunmehr hat sich das OLG Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung (Beschl. v. 1.8.2023 – I-3 Wx 86/23) gegen die bislang herrschende Meinung gestellt und entschieden, dass die Bestellung einer Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung dann nicht dem Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung unterfällt, wenn die Grundschuld vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten, konkret umgrenzten Belastungsvollmacht bestellt worden ist. Zwar unterfalle die Grundschuldbestellung als eine Verfügung über das Recht an einem Grundstück dem Wortlaut des § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB aF. (= § 1850 Nr. 1 BGB n.F.). Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift erweise sich die erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung aber als bloße Förmelei. Erteile der unter Betreuung stehende Grundstücksverkäufer dem Grundstückskäufer in dem notariellen Grundstückskaufvertrag eine exakt umgrenzte und nach ihrem Inhalt auf die Finanzierung des Kaufpreises beschränkte Belastungsvollmacht, müsse das Betreuungsgericht bereits bei der Genehmigung des notariellen Kaufvertrages auch die durch die Belastungsvollmacht betroffenen Belange des Betreuten berücksichtigen und zur Geltung bringen. Die nachfolgende Bestellung der Grundschuld erschöpfe sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung dann in einer schlichten Umsetzung dessen, was das Betreuungsgericht bereits im Zusammenhang mit der Belastungsvollmacht gebilligt habe.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist im Ergebnis für die Praxis prinzipiell zu begrüßen. Sie bringt für den hiesigen Notar jedoch die Schwierigkeit mit sich, ob vor Ort das zuständige Grundbuchamt angesichts der divergierenden Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte der Auffassung des OLG Düsseldorf folgt. Aus Sicherheitsgründen dürfte es sich daher weiterhin empfehlen, (vorsorglich) auch die Finanzierungsgrundschuld des Käufers gerichtlich genehmigen zu lassen. Bei diesem Vorgehen besteht jedoch wiederum die Gefahr, dass das jeweilige Familien-, Betreuungs- oder Nachlassgericht unter Berufung auf den vorstehenden Beschluss des OLG die Genehmigungsbedürftigkeit verneint und eine vorsorgliche Genehmigung ablehnt. Somit ist im Sinne der Rechtssicherheit zu hoffen, dass bald der BGH die Gelegenheit erhält, zu dieser Rechtsfrage Stellung zu nehmen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

1 März, 2024

Weitere Themen

Immobilienrecht
Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung kann das Recht auf Vermietung des Sondereigentums beschränkt oder für bestimmte Fälle ganz ausgeschlossen werden. Das Kammergericht hat sich nun der Frage gewidmet, nwieweit derartige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechen müssen.

Mehr

Immobilienrecht
Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Seit der Neufassung der AVA zum  06.07.2021 regelt § 3 Abs. 3 S. 1 AVA, dass die Planseiten der einzureichenden Aufteilungspläne maximal das Format DIN A3 aufweisen dürfen. Werden abweichend hiervon größere Planunterlagen eingereicht und wird daraufhin die Abgeschlossenheit bescheinigt, stellt sich die Folgefrage, inwieweit das Grundbuchamt diese nicht gesetzteskonformen Unterlagen zur Grundlage der Eintragung machen darf.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

In der Praxis der Testamentsgestaltung wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Das führt zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren, wenn im Erbfall dann das Grundbuch berichtigt werden soll.

Mehr

Unternehmensrecht
Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Die Zulässigkeit von Vesting-Regelungen gerät immer mehr in den Fokus der Rechtspraxis. Hierzu liegt nunmehr eine erste Gerichtsentscheidung des Kammergerichts vor. Danach haben Investoren ein legitimes praktisches Bedürfnis nach einer (zeitlich limitierten) Vesting-Regelung, da sie darauf angewiesen seien, dass sich die Gründer weiterhin mit ihrem Know-How voll einbringen.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr