In zwei Urteilen vom 25.06.2021 (II R 31/19 und II R 13/19) befasst sich der BFH mit der Frage der erbschaftsteuerlichen Behandlung von anglo-amerikanischen Trusts. Der Gesetzgeber hat erst durch die Regelungen über Vermögensmassen ausländischen Rechts, die im Rahmen des StEntlG 1999/2000/2002 in das bisherige ErbStG eingefügt worden sind, typische und in den anglo-amerikanischen Staaten gebräuchliche Formen des sog. common law trust erfasst. Seitdem war jedoch weitgehend ungeklärt, nach welchen Grundsätzen derartige ausländischen Trusts erbschaftsteuerlich zu behandeln sind.
Sachverhalt
Der Kläger war Miterbe seiner 2005 verstorbenen Mutter. Im Jahr 1997 wurde der Trust nach den gesetzlichen Regeln von Guernsey (britische Kanalinsel) errichtet. Gründer waren der Kläger und dessen vorverstorbener Bruder. Errichterin war die Erblasserin, mit deren Vermögen der Trust ausgestattet wurde.
Entsprechende Anwendung des Stiftungsrechts auf anglo-amerikanischen Trusts
Dabei wendet der BFH ausdrücklich die für ausländische Stiftungen ergangenen Urteile analog auf Vermögensmassen ausländischen Rechts, also auch anglo-amerikanische Trusts, an. Ausländische Stiftungen können nach einem Rechtstypenvergleich grundsätzlich steuerlich „transparent“ oder „intransparent“ zu behandeln sein. Das Vermögen eines rechtlich selbständigen Trusts ist dem Errichter nicht mehr zuzurechnen und kann daher nach inländischem Erbrecht weder der gesetzlichen Erbfolge noch einer Verfügung von Todes wegen unterliegen (intransparenter Trust). In diesem Fall ist der Tod des Errichters erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung. Hat sich der Errichter des Trusts hingegen umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Trust-Vermögen vorbehalten, so dass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann, bleibt dieses Vermögen solches des Errichters und steht einem eigenen Bankguthaben gleich (transparenter Trust). Dieses kann vererbt werden.
Beurteilung der Herrschaftsbefugnis nach ausländischem Recht
Ob umfassende Herrschaftsbefugnisse bei dem Errichter vor seinem Tod bzw. bei dem Erben nach dem Tod des Errichters bestehen, ist nach dem ausländischen Recht zu beurteilen, das auf das Trust-Vermögen nach den Regeln des internationalen Privatrechts Anwendung findet. Das Finanzgericht muss insofern den Sachverhalt aufklären und auf Grundlage des anwendbaren Rechts beurteilen.
Fazit
Mit den genannten Entscheidungen überantwortet der BFH den Finanzgerichten und vorgelagert der Finanzverwaltung sehr weitreichende Pflichten im Hinblick auf die Ermittlung des ausländischen Rechts. Den Steuerpflichtigen ist in der Praxis daher zu raten, schon im Vorfeld Nachweise zu beschaffen und beizubringen, die auf die Nichtexistenz von Herrschaftsbefugnissen des Erblassers hindeuten. Außerdem können entsprechende rechtliche Stellungnahmen zum ausländischen Recht hilfreich sein, da diese im Verfahren herangezogen werden können.
Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.