klühs notar

Einsetzung einer noch anzuerkennenden Stiftung als Erbin

Immer häufiger versterben Erblasser, ohne einen Ehegatten oder eigene Abkömmlinge zu hinterlassen. Gleichzeitig steigt das Bewusstsein, sich für soziale oder mildtätige Zwecke einsetzen zu wollen. Vor diesem Hintergrund fragen sich mit der Erbfrage befasste Personen immer häufiger, ob sie ihren Nachlass nicht einer bestehenden oder neu zu gründenden Stiftung vererben sollen. Dabei ruft ein aktueller Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 12.08.2021 (Az. 1 W 305/21) die dabei zu beachtenden Grundsätze in Erinnerung.

Anerkennung der Stiftung entscheidend für die Entstehung

Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Behörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll, § 80 Abs. 1 BGB. Die Anerkennung wirkt konstitutiv. Dies gilt grundsätzlich auch für Stiftungen, die durch Verfügung von Todes wegen, also durch Testament oder Erbvertrag, errichtet werden (vgl. § 83 BGB).

Bei der Erbeinsetzung von Stiftungen ist deshalb zu beachten, dass Erbe nur werden kann, wer zur Zeit des Erbfalls lebt, § 1923 Abs. 1 BGB. Das heißt die Stiftung muss bereits rechtsfähig errichtet sein. In diesem Zusammenhang hilft häufig § 84 BGB. Danach gilt eine Stiftung für eine Zuwendung des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden, wenn die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt wird. Durch diese Fiktion werden Stiftungsgeschäfte von Todes wegen erst möglich.

Fall des Kammergerichts

Im Fall des Kammergerichts lag aber gerade kein Fall des § 84 BGB vor. Vielmehr hatte der Erblasser im Rahmen eines notariellen Testaments eine von einem Dritten (also nicht vom Erblasser selbst) noch zu gründende Stiftung zum Erben eingesetzt. Weiter hieß es in der Urkunde: „Sollte die vorgenannte Stiftung noch nicht gegründet sein, setze ich zu meinem Ersatzerben den [Bet. zu 2] ein.“

Auslegungsregel des § 2101 BGB

Das Gericht hatte nach dem Tod des Erblassers nun zu entscheiden, ob die als Erbe benannte Stiftung gemäß § 2101 BGB zum Nacherben geworden ist. Danach ist im Zweifel anzunehmen, dass wenn eine zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht entstandene juristische Person zum Erbe eingesetzt ist, diese als Nacherbin gilt. Unter Berufung auf diese Argumentation hatte die Stiftung nach ihrer Anerkennung beim Grundbuchamt die Grundbuchberichtigung beantragt.

Das Kammergericht lehnte die Eintragung ab. Im notariellen Testament war nämlich für den Fall der noch nicht erfolgten Gründung ausdrücklich ein Ersatzerbe angeordnet. Vor dem Hintergrund, dass § 2101 BGB nur eine Zweifelsregel aufstellt, konnte daher ohne eine Beweiserhebung nicht geklärt werden, ob der Erblasserwille für diesen Fall tatsächlich eine Nacherbeinsetzung der Stiftung vorsah. Deshalb wurde die Stiftung auf das vorgelagerte Erbscheinsverfahren verwiesen.

Fazit

Der aktuelle Fall des Kammergerichts zeigt die Problematik auf, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht entstandene juristische Personen, wie z.B. Stiftungen erbrechtlich begünstigt werden sollen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 84 BGB sollten Notare bei der Abfassung des letzten Willens ausdrücklich klarstellen, wie mit der Auslegungsregeldes § 2101 BGB umgegangen werden soll.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

10 Mai, 2022

Weitere Themen

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr

Immobilienrecht
Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Ein berechtigtes Interesse zur Einsichtnahme in das Grundbuch kann sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben, sodass jeder Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen ist. Nicht ausreichend sind jedenfalls wirtschaftliche Interessen an einem Grundstück, wenn noch kein Kontakt zu dem Eigentümer besteht und die Grundbucheinsicht nur der Ausforschung der Eigentumsverhältnisse dient.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Volljährigenadoption ist, dass die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Das Familiengericht kann am Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Annehmenden und dem volljährigen Anzunehmenden zweifeln, wenn der Anzunehmende eine intakte Beziehung zu seinen eigenen leiblichen Eltern bzw. zu seiner eigenen Familie unterhält.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Wirksames Testament bei Errichtung auf einem Notizzettel einer Brauerei

Wirksames Testament bei Errichtung auf einem Notizzettel einer Brauerei

Bei untypischen Testamentsformen sind grundsätzlich an den Nachweis des Testierwillens strengere Anforderungen zu stellen. Das OLG Oldenburg hat ein Testament, das auf einem Notizzettel einer Brauerei, auf dem in der Regel gastronomische Bestellungen notiert werden, errichtet worden war, gleichwohl für wirksam erachtet.

Mehr

Steuerrecht
BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

Ausgenommen von einer Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. Der BFH schränkt nun mit zwei praxisrelevanten Urteilen den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des  § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ein.

Mehr