klühs notar

BFH schränkt Ausnahme von Spekulationsteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ein

An dieser Stelle wurde die Besteuerung von privaten Veräußerungsgeschäften in Bezug auf Immobilien (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG) aufgrund ihrer Praxiswichtigkeit immer wieder zum Thema gemacht. Auch in 2023 hat der BFH in diesem Zusammenhang wieder zu relevanten Auslegungsfragen Stellung beziehen müssen. Der Sache nach ging es konkret um die Reichweite der Ausnahmeregelung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Bekanntlich sind Grundstücksveräußerungen gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Ausgenommen hiervon sind Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Eigene Wohnnutzung bei Teilflächenverkauf

Die erste hierzu ergangene Entscheidung des BFH (Urt. v. 26.09.2023, Az. IX R 14/22) betraf einen Sachverhalt, in dem Kläger im Jahr 2014 ein fast 4.000 qm großes Einfamilienhausgrundstück kauften, das sie auch zur Eigennutzung bezogen. Fünf Jahre später teilten sie eine Teilfläche von ca. 1.000 qm und veräußerten diese. Der BFH nimmt zwar an, dass die Tatbestandsausnahme in § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sich nicht nur auf das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude, sondern auch auf den dazugehörenden Grund und Boden erstreckt, sofern ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem selbst genutzten Gebäude und dem Grundstück besteht. Dieser einheitliche Nutzungs- und Funktionszusammenhang entfalle jedoch, soweit von dem bisher ungeteilten Wohngrundstück ein (unbebauter) Teil abgetrennt werde. Die beiden dadurch entstehenden Grundstücke seien in Bezug auf ihre „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ jeweils getrennt zu betrachten, sodass für das verkaufte Teilgrundstück keine Ausnahme wegen eigener Wohnnutzung vorliege. Für diese Auslegung spreche auch, dass der Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, die berufliche Mobilität nicht zu behindern, nicht erfüllt sei, wenn die Wohnnutzung auf dem verbleibenden Grundstück fortgesetzt wird.

Eigene Wohnnutzung bei Überlassung an (Schwieger-)Mutter

Auch in einer weiteren Entscheidung vom 14.11.2023 (Urt. v. 14.11.2023, Az. IX R 13/23) betont der BFH den engen Ausnahmecharakter des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Das klagende Ehepaar hatte die erworbene Eigentumswohnung an die (Schwieger)Mutter zur Nutzung überlassen und diese nach deren Tod innerhalb der Spekulationsfrist wieder veräußert. Der BFH betont, dass Überlassung an die (Schwieger)Mutter nicht mit einer Überlassung an ein eigenes Kind, die dem Steuerpflichtigen als Unterhaltsverpflichteten direkt zugerechnet wird, vergleichbar sei. Insofern sei das Merkmal „zu eigenen Wohnzwecken“ in § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG aufgrund der unterschiedlichen Zweckrichtung enger zu verstehen, als in § 10e EStG und § 4 EigZulG.

Fazit

Der BFH schränkt mit den vorstehenden Urteilen den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des  § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in praxisrelevanten Fällen ein. In Zweifelsfällen ist damit zu rechnen, dass diese Begünstigungsregel restriktiv ausgelegt werden wird. In Zweifelsfällen sollten Betroffene einen Steuerberaterhinzuziehen und ggf. eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung einholen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

12 Apr., 2024

Weitere Themen

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

In der Praxis der Testamentsgestaltung wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Das führt zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren, wenn im Erbfall dann das Grundbuch berichtigt werden soll.

Mehr

Unternehmensrecht
Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Die Zulässigkeit von Vesting-Regelungen gerät immer mehr in den Fokus der Rechtspraxis. Hierzu liegt nunmehr eine erste Gerichtsentscheidung des Kammergerichts vor. Danach haben Investoren ein legitimes praktisches Bedürfnis nach einer (zeitlich limitierten) Vesting-Regelung, da sie darauf angewiesen seien, dass sich die Gründer weiterhin mit ihrem Know-How voll einbringen.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr

Immobilienrecht
Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Berechtigtes Interesse für Grundbucheinsicht

Ein berechtigtes Interesse zur Einsichtnahme in das Grundbuch kann sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben, sodass jeder Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen ist. Nicht ausreichend sind jedenfalls wirtschaftliche Interessen an einem Grundstück, wenn noch kein Kontakt zu dem Eigentümer besteht und die Grundbucheinsicht nur der Ausforschung der Eigentumsverhältnisse dient.

Mehr

Nachfolgeplanung und Vorsorge
Brücker und Klühs Notare
Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Sittliche Rechtfertigung einer Volljährigenadoption bei intakten Beziehung zu den leiblichen Eltern

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Volljährigenadoption ist, dass die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 BGB). Das Familiengericht kann am Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Annehmenden und dem volljährigen Anzunehmenden zweifeln, wenn der Anzunehmende eine intakte Beziehung zu seinen eigenen leiblichen Eltern bzw. zu seiner eigenen Familie unterhält.

Mehr