Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ist am 1.12.2020 in Kraft getreten und hat die Stellung des WEG-Verwalter grundlegend aufgewertet. So ist beispielsweise in § 9b Abs. 1 WEG nunmehr geregelt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Verwalter grundsätzlich unbeschränkt gerichtlich und außergerichtlich vertreten wird. Bereits jetzt erreichen erste Rechtsfragen zur Reichweite dieser Vertretungsbefugnis die Obergerichte.
Vertretung auch der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer?
Das OLG Nürnberg (Beschl. v. 12.7.2021 – 15 W 2283/21) hatte als Erstes über die Frage zu entscheiden, ob der Verwalter eine Dienstbarkeit zulasten des gemeinschaftlichen Eigentums grundbuchrechtlich bewilligen kann. Dies bejahte das Gericht apodiktisch mit Verweis auf die gesetzlich angeordnete unbeschränkte Vertretungsbefugnis.
Diese Entscheidung hat in der Literatur umgehend Widerspruch herausgefordert. Nunmehr hat auch das OLG München in einer neuen Entscheidung (Beschluss v. 05.08.2022 – 34 Wx 301/22) die Auffassung des OLG Nürnberg verworfen:
Der Verwalter vertrete gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG lediglich die Wohnungseigentümergemeinschaft. Von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterscheiden sei – auch nach der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes – die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer im Sinne von § 1 Abs. 5 WEG, §§ 741 ff. BGB.
Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft sei die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 18 Abs. 1 WEG. Dieses selbst verbleibe im Bruchteilseigentum der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Vertretungsmacht des Verwalters erstrecke sich nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur auf die Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Vertretung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer durch den Verwalter sei auch in der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes nicht vorgesehen.
Belastung mit einer Dienstbarkeit fällt in Bewilligungsbefugnis der Bruchteilseigentümer
Gegenstand der Belastung durch eine Grunddienstbarkeit, deren Inhalt das gemeinschaftliche Eigentum betrifft, sei das Grundstück als Ganzes. Die Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit sei als Verfügung über dieses i.S. von § 747 BGB zu qualifizieren und daher gerade nicht als Verwaltungsmaßnahme nach § 18 Abs. 1 WEG. Deswegen waren allein die Wohnungseigentümer als Gesamtheit der Bruchteilseigentümer berechtigt, die Bewilligung i.S. von § 19 GBO zu erklären. Die Bewilligung des Verwalters als Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft konnte daher nicht ausreichen.
Fazit
Nach der Entscheidung des OLG München scheint klar zu sein, dass es sich bei dem Beschluss des OLG Nürnberg um eine Ausreißerentscheidung gehandelt haben dürfte. Auch wenn es für die Praxis eine Verlockung dargestellt haben dürfte, Grundbucheintragungen allein aufgrund der Unterschrift des Verwalters bewirken zu können, sollten derartige Gedankenspiele nunmehr schnell wieder in der Schublade verschwinden. Richtig bleibt: Nur die Eigentümer selbst können ihr Eigentum belasten.
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