klühs notar

Beteiligung des Käufers an den Kosten der Mangelbeseitigung nach den Grundsätzen „neu für alt“

Zum wiederholten Mal ist die Haftung des Verkäufers für Mängel des Kaufobjekts bei einem Immobilienkaufvertrag Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Obwohl derartige Verträge jedenfalls bei gebrauchten Immobilien regelmäßig umfassende Ausschlüsse der Haftung vorsehen, müssen sich Verkäufer immer wieder ihrer Verantwortung für Mängel vor Gericht stellen. Ausgangspunkt ist dabei nicht selten § 444 BGB, wonach sich der Verkäufer auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, nicht berufen kann, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.

Sachverhalt des BGH

Über einen solchen von dem Gewährleistungsausschluss ausgenommen Fall der Arglist hatte kürzlich auch wieder der BGH (Urteil, v. 13.5.2022 – V ZR 231/20) zu entscheiden. Im Jahr 2010 verkauften die Beklagten ein Reihenhausgrundstück unter Ausschluss der Mangelhaftung an den Kläger. Bereits im Jahr 2002 hatte ein Sachverständiger Feuchtigkeit in den Kellerwänden festgesellt, die auf eine mangelhafte Abdichtung der Kellerwände zurückzuführen war. Die Kläger bemerkten diese Durchfeuchtung der Kellerwände im Jahr 2013 und nahmen die Beklagten wegen des arglistig verschwiegenen Mangels auf Ersatz der Kosten für eine neue Kellerabdichtung in Höhe von 23.400,30 € in Anspruch. Die Beklagten berufen sich darauf, dass sich die Kläger nach dem Grundsatz „neu für alt“ die Wertsteigerung durch die Erneuerung der Kellerwände anrechnen lassen müssten.

BGH: Abzug „neu für alt“ scheidet aus

Ob nach den Grundsätzen „neu für alt“ Vorteile zu berücksichtigen sind, die der Käufer durch die Nacherfüllung erlangt, war in der Literatur bislang umstritten. Der BGH hat ohne grundsätzlich zu der Thematik zu entscheiden festgestellt, dass eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer gebrauchten mangelhaften Kaufsache grundsätzlich dann ausscheide, wenn sich der Vorteil des Käufers darin erschöpfe, dass die Kaufsache durch den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfahre oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspare. Könne der Mangel ausschließlich durch Einbau eines neueren, ggf. höherwertigen Teils beseitigt werden, so habe der Käufer hierauf einen Anspruch, ohne sich an den Kosten beteiligen zu müssen. Der damit für den Käufer regelmäßig verbundene Vorteil einer Werterhöhung der Sache sei eine unvermeidliche Folge des dem Käufer vom Gesetzgeber eingeräumten Nacherfüllungsanspruchs. Ein allein an der längeren Lebensdauer des ersetzten Teils anknüpfender Abzug „neu für alt“ scheide aus.

Fazit

Im Unterschied zu den Vorinstanzen schont der BGH den arglistig täuschende Verkäufer nicht. Der Käufer konnte nicht nur ohne weitere Fristsetzung (Vgl. § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB) direkt Schadenersatz verlangen, sondern bei den geltend gemachten fiktiven Mängelbeseitigungskosten war die durch die Mangelbehebung potentiell eintretende Werterhöhung der Immobilie nicht zu berücksichtigen. Eine arglistige Täuschung wird daher durch die Rechtsprechung unwirtschaftlicher.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

8 Dez., 2022

Weitere Themen

Immobilienrecht
Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung kann das Recht auf Vermietung des Sondereigentums beschränkt oder für bestimmte Fälle ganz ausgeschlossen werden. Das Kammergericht hat sich nun der Frage gewidmet, inwieweit derartige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechen müssen.

Mehr

Immobilienrecht
Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Seit der Neufassung der AVA zum  06.07.2021 regelt § 3 Abs. 3 S. 1 AVA, dass die Planseiten der einzureichenden Aufteilungspläne maximal das Format DIN A3 aufweisen dürfen. Werden abweichend hiervon größere Planunterlagen eingereicht und wird daraufhin die Abgeschlossenheit bescheinigt, stellt sich die Folgefrage, inwieweit das Grundbuchamt diese nicht gesetzteskonformen Unterlagen zur Grundlage der Eintragung machen darf.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

In der Praxis der Testamentsgestaltung wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Das führt zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren, wenn im Erbfall dann das Grundbuch berichtigt werden soll.

Mehr

Unternehmensrecht
Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Die Zulässigkeit von Vesting-Regelungen gerät immer mehr in den Fokus der Rechtspraxis. Hierzu liegt nunmehr eine erste Gerichtsentscheidung des Kammergerichts vor. Danach haben Investoren ein legitimes praktisches Bedürfnis nach einer (zeitlich limitierten) Vesting-Regelung, da sie darauf angewiesen seien, dass sich die Gründer weiterhin mit ihrem Know-How voll einbringen.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 1

Aus § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO ergibt sich, dass falls das Grundbuchamt die Erbfolge durch vorgelegte notarielle letzwillige Verfügung nicht für nachgewiesen erachtet, es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen kann. Das Kammergericht hat nun für die Fallgruppe der im Testament nicht namentlich benannten Kinder entschieden, dass auch eine eidesstattliche Erklärung der Erben nicht immer ausreichend ist.

Mehr

Immobilienrecht
Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Schadensersatzpflicht wegen Nichtgenehmigung eines Grundstückskaufvertrags durch die Erben

Wird der Verkäufer in einer Beurkundungsverhandlung über einen Grundstückskaufvertrag vollmachtlos vertreten, hängt die Wirksamkeit des Vertrags von seiner nachträglichen Genehmigung ab. Im Fall des Ablebens des Verkäufers vor Genehmigungserklärung kommt es auf das Verhalten des oder der Erben an. Verweigern diese die nachträgliche Genehmigung, stellt sich für den Käufer die Frage nach einer Schadenersatzpflicht wegen eines grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Notare
Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Auswirkungen nachträglicher Ergänzungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente

Nachträgliche Änderungen an unterschriftsbeglaubigten Vollzugsdokumenten werfen die Frage auf, ob das Grundbuchamt berechtigt ist, eine erneute Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners zu verlangen. Dies hängt nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe davon ab, ob nach einer freien Beweiswürdigung des Grundbuchamtes festgestellt werden kann, dass die Ergänzung von der Person vorgenommen worden ist, die die Unterschrift geleistet hatte, oder jedenfalls von deren Willen gedeckt ist.

Mehr

Notare intern
Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Gesetzgeber bringt digitale Präsenzbeurkundung auf den Weg

Mit dem „Gesetz zur digitalen Präsenzbeurkundung“, welches am 28.06.2024 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde, geht der Gesetzgeber einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung des Notarwesens. Zukünftig wird für Notarinnen und Notare die Möglichkeit bestehen, auch bei Präsenzterminen ein elektronisches Dokument zu erstellen, zu beurkunden und digital zu signieren, was bislang nur bei Online Beurkundung möglich war.

Mehr

Unternehmensrecht
Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

Keine Nachreichung einer Schlussbilanz bei Verschmelzung einer GmbH

§ 17 Absatz 2 S. 4 UmwG regelt eine 8-Monats-Frist, wonach das Registergericht eine Verschmelzung nur eintragen darf, wenn die der Anmeldung zum Register des übertragenden Rechtsträgers beizufügende Schlussbilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt ist. Wird die Schlussbilanz nach dem 8-Monats-Zeitraum nachgereicht, ist das nach Auffassung des OLG Düsseldorf jedenfalls dann nicht hinreichend, wenn die betreffende Bilanz erst nach Ablauf des Zeitraums erstellt und unterschrieben worden ist.

Mehr