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Bestellung eines Organs der Muttergesellschaft zum Geschäftsführer der Tochter-GmbH

Eine neuere Entscheidung des OLG Frankfurt (Beschl. v. 4.1.2022 – Az. 20 W 225/20) beleuchtet einmal wieder eine häufig vorkommende Problemsituation im Gesellschaftsrecht. In Konzernsachverhalten ist es häufig gewünscht, dass das Geschäftsführungsorgan der Muttergesellschaft auch bei der Tochter-GmbH zum Geschäftsführer bestellt wird. Zur Umsetzung ist ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung der Tochter-GmbH erforderlich. Dabei steht ein möglicher Interessenkonflikt des die Muttergesellschaft vertreten Organs im Zusammenhang mit seiner eigenen Geschäftsführerbestellung im Raum.

Unproblematische Fälle

Keine Probleme bereiten Sachverhaltskonstellationen, in denen die Muttergesellschaft bei der Beschlussfassung über die Geschäftsführerbestellung durch ein anderes vertretungsberechtigtes Organ oder einen Prokuristen vertreten wird. Ebenfalls möglich ist, das für den Geschäftsführerposten vorgesehene Organ bereits im Vorfeld von dem Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 1. Alt. BGB) zu befreien. Dies ist jedoch nur bei einer Mutter-GmbH, nicht jedoch bei einer Mutter-AG möglich (vgl. § 112 AktG). Dort bedarf es eines speziellen Aufsichtsratsbeschlusses.

Auswirkungen eines Verstoßes gegen § 181 BGB

Liegt keine der vorstehenden Varianten vor, so geht die herrschende Meinung und mit ihr auch jüngst das OLG Frankfurt von einem Verstoß gegen § 181 1. Alt. BGB aus. Ein solcher kann auch nicht dadurch umgangen werden, in dem das betreffende Organmitglied Dritte mit der Stimmabgabe in der Gesellschaftsversammlung unterbevollmächtigt. Er kann nämlich nur so viel Stimmrecht übertragen, wie ihm selbst zusteht.

Wird die Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung allerdings nicht beanstandet, ist der Beschluss lediglich schwebend unwirksam und kann nachträglich durch die Gesellschafterversammlung der Mutter-GmbH bzw. des Aufsichtsrat der Mutter-AG genehmigt werden.

Fazit

Wie die Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt passieren auch bei derartigen gesellschaftsrechtlichen Standardkonstellationen immer wieder vermeidbare Fehler. Gerade im Konzern ist darauf zu achten, dass die handelnden Organe bei Möglichkeit von den Beschränkungen der Vorschrift des § 181 BGB befreit werden. Ist dies nicht in allgemeiner Form passiert, so ist im Vorfeld der Geschäftsführerbestellung bei der Tochter-GmbH auf eine vorweggenommene Einzelbefreiung oder das Auftreten einer anderen Vertretungsperson hinzuwirken.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

16 Sep., 2022

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