klühs notar

Besonderheiten beim Grundstückskaufvertrag mit einem Testamentsvollstrecker (Teil II)

Ist über den Nachlass eines verstorbenen Grundstückeigentümer Testamentsvollstreckung angeordnet, so hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass zu verwalten. Er ist insbesondere berechtigt, den Nachlass in Besitz zu nehmen und über die Nachlassgegenstände zu verfügen (§ 2205 BGB). Soll eine nachlasszugehörige Immobilie veräußert werden, so ist hierzu nicht der Erbe, sondern allein der Testamentsvollstrecker berufen. Bei einem Verkauf durch den Testamentsvollstrecker sind für den beteiligten Notar einige gesetzliche Besonderheiten zu beachten. Zu zwei wichtigen Aspekten hat sich erst kürzlich die Rechtsprechung geäußert, sodass auf diese noch einmal ein genaueres Augenmerk gelegt werden soll.

Wissenszurechnung der Erben auf den Testamentsvollstrecker

Veräußert der Testamentsvollstrecker ein Nachlassgrundstück, so erfolgt dieser in der Regel – wie bei Privatverkäufen üblich – unter Ausschluss jeglicher Haftung für Sach- und Rechtsmängel. Bekanntlich kann sich ein Verkäufer auf derartige Gewährleistungsausschlüsse nicht berufen,  soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat (§ 444 BGB). In der Praxis stellt sich daher insbesondere bei institutionellen Vollstreckern, die nicht mit den Erben personenidentisch sind, das Problem, inwieweit die Kenntnis der Erben über Mängel auf die Arglist des Testamentsvolltreckers als Verkäufer durchschlägt.

Aktuelle Entscheidung des BGH

Zu dieser Problematik hat erst kürzlich der Bundesgerichtshof Stellung genommen. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Ein Testamentsvollstrecker veräußerte im Jahr 2009 ein Wohnhaus unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel für 5 Mio. € an den Kläger. Neben dem beklagten Vollstrecker waren noch dessen beiden Geschwister Erben des Vaters geworden. Das Kaufobjekt war bereits 2006 als Teil eines Ensembles in das Verzeichnis der erkannten Denkmäler der Gemeinde aufgenommen worden. Das entsprechende Informationsschreiben des Denkmalschutzamts war der Schwester des Beklagten am 17. Mai 2006 zugestellt und für den Beklagten und seinen Bruder im Juli 2006 an die Grundstücksverwaltung gesandt worden. Der Beklagte, der damals im Ausland lebte, machte geltend, er habe den Inhalt des Schreibens nicht gekannt, sondern nur gewusst, dass das Haus unter der Beobachtung des Denkmalschutzamts gestanden habe. Anfang 2013 wurde das Haus in die Denkmalliste eingetragen. Daraufhin erließ das Denkmalschutzamt einen Baustopp.

Denkmaleigenschaft ist Sachmangel

Der BGH stellte zunächst fest, dass die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts einen Sachmangel begründen könne. Mit der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes gehen Verpflichtungen und Beschränkungen für den jeweiligen Eigentümer einher, wie eine Genehmigungspflicht und denkmalschutz-rechtliche Auflagen, die mit erhöhten Kosten und einem erhöhten Aufwand verbunden seien. Die Eintragung des Hauses in das Verzeichnis erkannter Denkmäler sei daher ein offenbarungspflichtiger Umstand gewesen.

Keine Wissenszurechnung der Erben oder Hausverwaltung

Da der Beklagte selbst keine Kenntnis von der Eintragung des Hauses in das Verzeichnis erkannter Denkmäler hatte, war entscheidend, ob er sich das Wissen seiner Schwester bzw. der Hausverwaltung zurechnen lassen musste. Dies lehnte das Gericht im Ergebnis ab, da im konkreten Fall weder die Schwester, noch die Hausverwaltung in den Prozess der Veräußerung des Grundstücks involviert und daher auch nicht in eine zurechenbare Arbeitsorganisation eingebunden waren.

Fazit

Für Käufer, die von einem Testamentsvolltrecker erwerben, hat diese Rechtsprechung zur Konsequenz, dass sie nicht darauf vertrauen können, dass vorhandene Kenntnisse der Erben über den Grundbesitz auch durch den möglicherweise ahnungslosen Testamentsvollstrecker offenbart werden. Gerade in Fällen, in denen die Erben über eine gute bzw. sogar überlegene Sachkenntnis verfügen, bietet es sich daher an, diese nach Möglichkeit vor Kaufvertragsabschluss direkt zu möglichen Mängeln zu befragen.

Haben Sie zu diesem Thema Fragen oder Anregungen? Dann sprechen Sie meine Mitarbeiter oder mich gerne an.

Dr. Hannes Klühs

18 Juli, 2022

Weitere Themen

Immobilienrecht
Pflicht zur Beschaffung der Lastenfreistellungsunterlagen als Erfolgspflicht des Verkäufers

Pflicht zur Beschaffung der Lastenfreistellungsunterlagen als Erfolgspflicht des Verkäufers

Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH handelt es sich bei der im Grundstückskaufvertrag übernommenen Verpflichtung des Grundstücksverkäufers, für die Sicherheit der Löschung der nicht übernommenen Lasten zu sorgen, um eine Erfolgspflicht. Das bloße Bemühen um die Pflichterfüllung genüge zur Pflichterfüllung nicht. Als eine angemessene Frist zur Pflichterfüllung definiert der BGH einen Zeitraum zwischen vier Wochen und zwei Monaten.

Mehr

Unternehmensrecht
Registergerichtliche Kontrolle bei wirtschaftlicher Neugründung

Registergerichtliche Kontrolle bei wirtschaftlicher Neugründung

Werden im Zuge der Übertragung sämtlicher Anteile an einer GmbH auch Änderungen des Gesellschaftsvertrags wie z.B. Firma, Sitz und Unternehmensgegenstand vorgenommen, wie dies etwa bei der Verwendung eines „GmbH-Mantels“ oder einer Vorratsgesellschaft der Fall ist, dann liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine sog. wirtschaftliche Neugründung vor. Auf diese sind die der Gewährleistung der Kapitalausstattung dienenden Gründungsvorschriften entsprechend anzuwenden, d.h. der Geschäftsführer hat den Umstand gegenüber dem Registergericht offenzulegen und die in §§ 8 Abs. 2, 7 Abs. 2und 3 GmbHG vorgesehene Versicherung abzugeben.

Mehr

Immobilienrecht
Brücker und Klühs Eingangsbereich
Mehrkosten für Beurkundungen in ungünstiger Reihenfolge

Mehrkosten für Beurkundungen in ungünstiger Reihenfolge

Notare sind über § 17 BeurkG gesetzlich zunächst dazu verpflichtet, die für die Beteiligten sicherste Vertragsgestaltung zu wählen. Stehen bei gleicher Sicherheit mehrere Gestaltungsvarianten offen, müssen sie den Weg beschreiten, der bei ihnen und anderen Stellen die geringsten Kosten auslöst. Wenn Mehrkosten nur deshalb entstehen, weil der Notar mehrere unmittelbar aufeinanderfolgende Beurkundungen in einer für die Beteiligten ungünstigen Reihenfolge vornimmt, ohne dass es sachlich gerechtfertigt wäre, sind die Kosten soweit nicht zu erheben, als sie den Betrag übersteigen, der bei korrekter Verfahrensweise zu bezahlen wäre.

Mehr

Immobilienrecht
Löschung eines Wohnungsrechts mittels Vorlage einer Meldebescheinigung

Löschung eines Wohnungsrechts mittels Vorlage einer Meldebescheinigung

Für die Löschung eines Wohnungsrechts im Grundbuch ist der volle Nachweis des dauerhaften Wegzugs erforderlich, der durch eine Meldebescheinigung allein nicht erbracht werden kann. Möglich ist es jedoch zum Beispiel, die Vorlage einer Meldebescheinigung selbst zu dem die auflösende Bedingung auslösenden Ereignis zu erklären.

Mehr

ImmobilienrechtSteuerrecht
Keine Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Keine Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Aufhebung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Nach BFH ist die Aufhebung der GdWE und die Begründung von Miteigentum als steuerbarer Tausch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 GrEStG zu behandeln. Anders als bei der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum durch mehrere Miteigentümer komme für den umgekehrten Vorgang eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 1 GrEStG nicht in Betracht.

Mehr

Unternehmensrecht
Brücker und Klühs Notare
Keine Eintragung einer GmbH & Co. KG vor ihrer Komplementärin

Keine Eintragung einer GmbH & Co. KG vor ihrer Komplementärin

Das OLG Brandenburg hat in einem aktuellen Beschluss festgestellt, dass eine KG nicht ins Handelsregister eingetragen werden kann, wenn ihre Komplementärin eine eintragungspflichtige Gesellschaft ist, die selbst noch nicht eingetragen wurde. Die Entscheidung verschärft bis zu einer etwaigen anderslautenden Entscheidung des BGH die Voraussetzungen für die Eintragung einer Kommanditgesellschaft deutlich.

Mehr

Immobilienrecht
Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Ausschluss der Vermietung an Asylbewerber in einer Gemeinschaftsordnung

Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Rahmen einer Gemeinschaftsordnung kann das Recht auf Vermietung des Sondereigentums beschränkt oder für bestimmte Fälle ganz ausgeschlossen werden. Das Kammergericht hat sich nun der Frage gewidmet, inwieweit derartige Vereinbarungen der Wohnungseigentümer dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechen müssen.

Mehr

Immobilienrecht
Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Zulässigkeit der Einreichung eines Aufteilungsplans in Papierform in einem Format größer als DIN A3

Seit der Neufassung der AVA zum  06.07.2021 regelt § 3 Abs. 3 S. 1 AVA, dass die Planseiten der einzureichenden Aufteilungspläne maximal das Format DIN A3 aufweisen dürfen. Werden abweichend hiervon größere Planunterlagen eingereicht und wird daraufhin die Abgeschlossenheit bescheinigt, stellt sich die Folgefrage, inwieweit das Grundbuchamt diese nicht gesetzteskonformen Unterlagen zur Grundlage der Eintragung machen darf.

Mehr

ImmobilienrechtNachfolgeplanung und Vorsorge
Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

Probleme beim Erbnachweis mittels notariellem Testament im Grundbuchverfahren Teil 2

In der Praxis der Testamentsgestaltung wird die Schlusserbeneinsetzung durch die Erblasser-Ehegatten häufig damit auflösend bedingt, dass die vorgesehenen pflichtteilsberechtigten Schlusserben nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil fordern. Das führt zu Nachweisproblemen im Grundbuchverfahren, wenn im Erbfall dann das Grundbuch berichtigt werden soll.

Mehr

Unternehmensrecht
Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Zulässige Hinauskündigungsklausel in Form einer Vesting-Regelung bei einem Start-up

Die Zulässigkeit von Vesting-Regelungen gerät immer mehr in den Fokus der Rechtspraxis. Hierzu liegt nunmehr eine erste Gerichtsentscheidung des Kammergerichts vor. Danach haben Investoren ein legitimes praktisches Bedürfnis nach einer (zeitlich limitierten) Vesting-Regelung, da sie darauf angewiesen seien, dass sich die Gründer weiterhin mit ihrem Know-How voll einbringen.

Mehr