Seit dem 26. 6. 2013 sind Notare gemäß § 133a GBO berechtigt demjenigen, der ein berechtigtes Interesse gemäß § 12 GBO darlegt, den Inhalt des Grundbuchs auch in den Fällen mitteilen dürfen, in denen die Grundbucheinsicht nicht im Zusammenhang mit einer Beratung, Beurkundung und Beglaubigung erfolgt (sog. isolierte Grundbucheinsicht). Vor diesem Hintergrund stellen sich dem Notar beinahe alltäglich schwierige Abgrenzungsfragen in Bezug auf das berechtigte Interesse.
Berechtigtes Interesse versus Ausforschung von Eigentumsverhältnissen
Wer das Grundbuch und die zu ihm gehörenden Grundakten einsehen will, muss ein berechtigtes Interesse darlegen (§ 12 GBO; § 46 GBV). Ausreichend für die Annahme des berechtigten Interesses ist die Darlegung eines verständigen, durch die Sachlage gerechtfertigten Interesses, das sich im Unterschied zum rechtlichen Interesse nicht auf ein bereits vorhandenes Recht oder konkretes Rechtsverhältnis stützen muss, sondern auch in einem bloß tatsächlichen, etwa einem wirtschaftlichen Interesse bestehen kann. Nicht genügend ist dagegen, wenn über die Grundbucheinsicht lediglich eine Ausforschung von Eigentumsverhältnissen stattfinden soll. Deshalb ist bei einer konkreten Erwerbsabsicht in Bezug auf einen Grundbesitz zusätzlich zu fordern, dass bereits eine „Verbindung“ zwischen dem Einsichtsnehmenden und dem Grundstückseigentümer besteht. Zur Vermeidung der bloßen Befriedigung von bloßer Neugierde oder reiner Informationsbeschaffung ist eine bereits bestehende wirtschaftliche Verbindung zu dem jeweiligen Grundstückseigentümer erforderlich. Dem Kaufinteressenten eines Grundstücks fehlt dementsprechend für die Grundbucheinsicht mit dem Ziel, erstmalig den Namen und die Anschrift des Eigentümers zu erlangen, das berechtigte Interesse (vgl. OLG Naumburg Beschl. v. 20.4.2021 – Az. 12 Wx 76/20).
Keine Ausnahme bei Geschäftszweck Planung und Errichtung von Solarkraftwerken
Diese Grundsätze wurden kürzlich erneut vom OLG Bamberg (Beschl. v. 09.01.2024, Az. 10 Wx 17/23) bestätigt. Die Antragstellerin war ein mit der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen befasstes Unternehmen. Zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit den Eigentümern von nach ihrer Einschätzung potentiell geeigneten Grundstücken, die der Errichtung von Photovoltaik-Anlagen dienen könnten, begehrt die Antragstellerin eine beschränkte Einsicht in das Grundbuch, namentlich in das Bestandsverzeichnis, zwecks Erlangung der Namen und Anschriften der jeweiligen Grundstückseigentümer. Für das OLG liegt der Fall nicht anders als derjenige, in denen der Interessent am Erwerb eines ihm nur nach dessen Lage und allenfalls noch Größe bekannten Grundstücks über die Grundbucheinsicht den aktuellen Eigentümer zu erfahren versucht. Für eine solche Ausforschung von Eigentumsverhältnissen sei weder das Grundbuch selbst noch die Einsicht in dieses geschaffen.
Fazit
Ein berechtigtes Interesse zur Einsichtnahme in das Grundbuch kann sich aus unterschiedlichen Umständen ergeben, sodass jeder Einzelfall sehr sorgfältig zu prüfen ist. Nicht ausreichend sind jedenfalls wirtschaftliche Interessen an einem Grundstück, wenn noch kein Kontakt zu dem Eigentümer besteht und die Grundbucheinsicht nur der Ausforschung der Eigentumsverhältnisse dient.
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